Iran, Zagros Gebirge

Datum: 13. Mai – 14. Mai 2022

Wunderschöne Bergwelt

Mit dem Besuch von Shiraz und Isfahan haben wir uns bereits am Rande des Zagros-Gebirges bewegt. Jetzt wird es für uns Zeit, dass wir noch weiter in diese Gebirgskette hinein beziehungsweise hinauf fahren und die Berge aus nächster Nähe betrachten können. Mit jedem Kilometer, den wir fahren, wird die Vegetation karger und die Berge, die vor uns auftauchen, schroffer. Die ersten Gipfel sind immer noch schneebedeckt und die Temperaturen sinken kontinuierlich.

Stellplatz im Gebirge

Bis zu der Ortschaft Sheykh Ali Khan treffen wir auf viel Gegenverkehr und auch die Ortschaft selbst scheint ein Touristenmagnet zu sein. Die Strasse ist gefüllt mit Autos und wir müssen einen Eintritt von 200’000 Rial (ca. 0.65 Euro) bezahlen, um weiter auf der Strasse fahren zu dürfen. Der lokale Wasserfall scheint die iranischen Besucher in Massen anzulocken. Zudem ist Wochenende, was dazu führt, dass noch mehr Besuchende hier sind. Auf unserem Rückweg kassiert niemand einen Geldbetrag ein und das Dorf wirkt leer.

Wir lassen den Wasserfall auf unserer rechten Seite zurück und folgen weiter der Strasse und somit noch tiefer in das Gebirge. Wir entdecken einen wunderschönen Stellplatz für die Nacht, wo wir die Aussicht auf die umliegenden Berge geniessen können.

Neben uns sind in weiter Ferne überall Nomaden zu sehen. Mit Ziegen, Schafen, Eseln, Pferden und Maultieren wandern die Bakhtiari-Nomaden im Sommer vom Flachland in das Zagros Gebirge. Zu unserem Erstaunen kommt kein Nomade bei uns vorbei. Als sich die Dunkelheit über die Region legt, sieht man, wie überall kleine Lagerfeuer entfacht werden, um etwas Wärme zu spenden. Wir tun es den Nomaden gleich und setzten uns gemütlich an das wärmende Feuer. Schliesslich sinken die Temperaturen hier nachts bis auf 10°C, was für uns der wohl tiefste Wert seit einer länger Zeit ist.

Chama Ice Cave

Vor uns liegt nun das Chama Ice Cave – einer der grössten Süsswasserreserven dieser Region. Der Schnee sammelt sich in einem engen Tal und bleibt dort liegen. Unterhalb des Schnees bildet sich durch das Schmelzwasser eine Eishöhle, welche dem schmelzenden Wasser den Ablauf gewährt. Normalerweise kann man dem Flusslauf bis zu einer Quelle folgen und sich dort unter die Schneedecke stellen. Als wir dort sind, gibt es noch zu viel Schnee und wir können nur ein kleines Stück zu Fuss über die Schneemassen gehen, bevor der Weg für uns nicht mehr weiter geht.

Der Weg nach Sar Agha Seyed

Die Strasse zu dem Nomadendorf Sar Agha Seyed ist in einem guten Zustand und stellt uns vor keine grossen Herausforderungen. So schlängeln wir uns vorbei an steilen Abhängen und wunderschönen Bergpanoramen. Teilweise liegt neben der Strasse noch 1-2 Meter hoch der Schnee. Immer wieder treffen wir auf die Spuren von Nomaden, indem wir bei ihren Zelten am Strassenrand vorbei fahren, ihren Tieren oder ihrem Abfall begegnen. Die Kinder der Nomaden am Strassenrand verhalten sich ganz anders, als die der Nomaden, welche etwas abseits der Strasse leben. Sobald man mit dem Auto angerollt kommt, geht die hohle Hand auf und es wird nach „pul“ gefragt – also Geld. Wir wimmeln die Kinder meist mit paradoxer Intervention ab, indem ich frage, wie viel sie mir denn geben und machen uns mit einem Lächeln aus dem Staub.

Sar Agha Seyed

Das Dorf mit ungefähr 1200 Einwohnern wird hauptsächlich von Nomaden bewohnt, welche Luri sprechen. Das Dorf ist in den Felshang gebaut und zeichnet sich durch seine spezielle Architektur aus. Die einstöckigen Häuser sind aneinander gebaut und besitzen alle ein Flachdach. Das Flachdach dient den Häusern, welche eine Reihe darüber sind, als Terrasse und Strasse. Die meisten Häuser haben keine Fenster und besitzen nur eine Türe.

Wir haben von anderen Reisenden bereits gehört, dass einem Kinder durch das Dorf führen und wenn man ihnen am Schluss kein Geld geben will, dass sie dazu neigen, Steine aufzuheben und einem zu drohen, diese auf das Auto zu werfen. Bereits beim Eingang des Dorfes werden wir von einem Jungen abgefangen, welcher uns nicht mehr von der Seite weicht. Wir versuchen ihm klar zu machen, dass wir selber umher gehen, aber er lässt sich nicht abwimmeln. So gehen wir halt zu viert durch das kleine Dorf und versuchen mit ihm etwas zu kommunizieren und ihm etwas Englisch bei zu bringen. Er freut sich sichtlich und ist immer hin und her gerissen, da er uns ja als „Guide“ herumführen soll/will, aber gleichzeitig ist er von uns fasziniert und begeistert.

Während wir das Dorf erkunden, sehen wir viele Frauen auf den Dächern, welche Kräuter zum Trocknen auslegen. Wir scheinen die Einheimischen nicht zu stören und führen unsere Erkundungstour fort. Leider finden wir kein Kaffee oder Restaurant, um die lokale Bevölkerung in irgendeiner Form zu unterstützen. Nur in einem kleinen Kiosk können wir uns ein Getränk kaufen – das war es aber schon. Im Kiosk können weder lokal produzierte Lebensmittel noch die getrockneten Kräuter gekauft werden. So verlassen wir dieses idyllische Dorf mit neuen Eindrücken, jedoch ohne etwas zurück geben zu können.

Natürlich will der Junge am Schluss der Runde Geld von uns haben. Wir machen ihm klar, dass er von uns kein Geld bekommt – bieten ihm aber etwas Schokolade aus der Schweiz an, welche Rahel für uns mitgebracht hat. Der Junge gibt sich damit zufrieden, packt die Schokolade aus und wirft die Verpackung auf den Boden. Sarah hebt die Verpackung auf und wirft sie in unseren Abfall, um zu zeigen, dass wir das anders handhaben. Ob es einen nachhaltigen Effekt hat, wissen wir nicht.

Freundliche Nomaden

Zurück an unserem Stellplatz bei den Nomaden beginnen wir erneut mit dem Sammeln von Holz für den Abend. Viel finden wir nicht, aber es reicht für ein kleines Lagerfeuer. Die umliegenden Nomaden machen es uns gleich oder beziehungsweise umgekehrt. Schon länger werden wir vom nächsten Hügel von einer jungen Frau beobachtet, welche immer wieder mal zu uns rüber winkt. Sarah und Rahel packen etwas Schweizer Schokolade ein und machen sich auf den Weg rüber zu ihr. Zwar ist sie dann nicht mehr dort, aber ein älterer Herr freut sich sichtlich über den Besuch und nach mehrmaligen Insistieren unsererseits (ja, das haben wir den Iranerinnen und Iranern lange abgeschaut und gelernt), nimmt er die Schokolade und die Ricola-Bonbons entgegen. Mit den wenigen Farsi Kenntnissen versuchen sie ein paar Worte auszutauschen.

Am nächsten Morgen kommt der ältere Herr zu uns rüber und bietet uns Frühstück bei sich im Zelt an. Leider haben wir grad gegessen und sind am Zusammenpacken für die Weiterreise. Ansonsten wäre es sicher ein interessanter Einblick in ihr Leben gewesen. Obwohl wir nur kurzen Kontakt mit ihm hatten, hat uns die Freundlichkeit und Gastfreundschaft überrascht. Schade sprechen wir noch immer zu wenig Farsi oder Lori, um uns mit ihnen über ihr Leben und ihre Gedanken zu unterhalten – das wäre sicher sehr spannend gewesen. Allgemein haben wir uns an diesem Stellplatz sehr wohl gefüllt. Vor der Anreise waren wir unsicher, ob wir sich die Nomaden durch unsere Anwesenheit gestört fühlen werden oder wir uns unwohl fühlen, da wir vorher gelesen haben, dass es womöglich unangenehm werden könnte, wenn man ohne Sprachkenntnisse in diese Region geht. Doch keine dieser beiden Befürchtungen ist eingetroffen, im Gegenteil: Wir haben es sehr angenehm erlebt. Die Nomaden schienen sich über unsere Anwesenheit nicht gestört zu fühlen. Mit Winken zeigten sie, dass sie uns bemerkt haben, liessen uns aber Raum und Zeit für uns und bei einer längeren Anwesenheit wären ihre Türen wohl weit offen für uns gewesen.

Tierhaltung

Während unserer Fahrt zu und durch die Berge haben wir verschiedene Arten von Tierhaltungen gesehen. Teilweise bewegen sich die Schafe, Ziegen und Kühe ganz frei auf der Strasse und den umliegenden Feldern, teilweise werden sie in einem kleinen Käfig gehalten und neben an direkt an der Strasse geschlachtet, aufgehängt und das Fell abgezogen. Dies führt bei uns immer wieder zu erstaunten Blicken, wenn wir dies am Strassenrand entdeckt haben. Für die lokale Bevölkerung ist dies aber das normalste der Welt und viele Iranerinnen und Iraner aus der Gegend decken sich so mit frischem Fleisch ein.

Übernachtungsorte: 13.-14.05. Umgebung Sar Agha Seyed

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