Iran, Isfahan

Datum: 11. Mai – 12. Mai 2022

Warum sich 300 Kilometer in die Länge ziehen können

Kaum zurück von der Wanderung des Kuh Gol Sees steht heute nochmals ein langer Fahrtag vor uns: Etwas mehr als 300 Kilometer liegen vor uns bis zur umschwärmten Stadt Isfahan. Wer jetzt denkt, 300 Kilometer kann man doch gut machen, bedenke folgende Aspekte unseres Alltags:

  • Einkaufen kann schnell mal länger gehen, denn es gilt einen Laden zu finden, das Angebot zu studieren, sich von unbekannten Produkten ablenken und faszinieren lassen und ein Austausch mit dem Ladenbesitzenden, eventuell auch mit den Kunden vor, hinter und neben einem. Möglicherweise folgt auf dem Weg zwischen Auto und Einkauf auch noch ein Fotoshooting mit jemandem oder nochmals ein Austausch – die Freude an Touristen ist gross und uns ist es wichtig, auch wenn wir mal „Zeitdruck“ haben, uns Zeit zu nehmen für alle die kleinen Begegnungen, die bei einer Reise durch den Iran zum Alltag gehören.
  • Neben dem Einkaufen steht noch Wasserfüllen an, welches man sich ähnlich wie den Ablauf des Einkaufens vorstellen kann.
  • Dann ist es bestimmt so weit, dass unsere Mägen langsam zu knurren beginnen. Da wir bevorzugen, in Ruhe zu essen und nicht einfach irgendwelche Snacks während dem Fahren zu nehmen, ist dies ein weiterer Teil der „Streckenzeit“. Wollen wir „schnell“ unterwegs sein, suchen wir ein Fast Food Restaurant raus, gehen rein und werden freudig und aufgeregt von den Mitarbeitenden beäugt und begrüsst. Zu Beginn ist weniger unser Essenswunsch im Vordergrund sondern die Freude über unsere Anwesenheit im Lokal. Danach folgt eine Übersetzungsarbeit mittels Google Translate zum Angebot. Manchmal ist der Übersetzungsversuch erfolgreich, manchmal ist ein Besuch in der Küche aufschlussreicher. Dann nochmals mehrmals die Betonung auf das vegetarische Essen legen, also kein Rind, kein Schaf, nein, auch kein Huhn und kein Fisch.
  • Irgendwann ist dann das Tanken an der Reihe. Dies kann zwischen 10 Minuten und einer Stunde dauern, wir rechnen meist mit 45 Minuten. Es startet mit der Nachfrage, ob die Tankstelle selbst eine Dieselkarte besitzt. Wenn nicht werden Lastwagenfahrende angefragt. Da diese Kontingente auf ihren Karten haben, wiederholt sich dieser Prozess, da wir meistens gleich alles auffüllen (Tank und die beiden Kanister auf dem Dach). Vor, währenddessen und danach ist sicher ein Austausch mit Google Translate und Fotos machen ein Bestandteil dieser Tagesaufgabe.
  • Und dann sind da noch die Speed-Bumps. Unzählige solcher Betonhügel schmücken die Strassen, um die Geschwindigkeit der Fahrenden im Zaum zu halten. Man kann also nicht einfach mit 100km/h durchfahren, sondern bremst des Öfteren bis auf 5-15 km/h ab. Wenn es aus irgendwelchen Gründen mal keine zuvor beschriebenen Speed-Bumps hat, können wir so wie so maximal mit 90 km/h unterwegs sein.
  • Ab und zu stoppen wir für einen Eiskauf, was mittlerweile zu unserer täglichen Ritual gehört – wenn nicht manchmal sogar zweimal pro Tag ;).

Die Navigationskarte berechnet uns eine Fahrzeit von 5 Stunden bis Isfahan, wir kommen nach 7.5 Stunden an.

Isfahan

Die Stadt Isfahan liegt im Zentrum des Landes und mehrere Bauwerke sind unter dem Schutz des UNESCO-Welterbes. Es ist eine Grossstadt und es gibt einiges zu entdecken. Wir wollen „Isfahan-Feeling“ einsaugen, ohne die ganze Zeit von einem Ort zum anderen zu wandern. Wir schauen uns deshalb nicht alles an, sondern wählen ein paar Orte mit bekannten Bauwerken aus, welche gleichzeitig auch als Treffpunkte der Menschen dienen.

Allah-Verdi-Khan Brücke – die sogenannte Si-o-se Pol, persisch für 33-Bogen-Brücke

Die Si-o-se Pol ist eine von elf Brücken, die über den Zayandeh Fluss führt und gilt als Meisterwerk aus der Safawiden-Zeit. Sie ist 290.4 Meter lang und 13.5 Meter breit. Wie der persische Name aussagt, besteht die Brücke aus 33 Bögen.

Wir beschliessen, die für den Autoverkehr gesperrte Brücke bei Abendstimmung und Nachteinbruch zu besuchen, was wohl der perfekte Moment ist. Am Abend ist die Brücke in orange-roten Farben beleuchtet, auf den Plattformen und auf beiden Uferseiten wird gemütlich gepicknickt, die Menschen schlendern in der Abendstimmung und die Eisdielen mit den unterschiedlichsten Geschmackssorten sind geöffnet. Noch skeptisch von den zuvor gesehen Fotos bei Tageslicht dieses Ortes sind wir nun ganz angetan von der Stimmung.

Wir lassen uns Zeit zum Ankommen, denn wie so oft im Iran sind die Sinne zu Beginn überfordert: Menschen, Farben, Geräusche und Lichter. Wir bleiben stehen, beobachten das Geschehen und machen dann einfach nach, was alle machen: Wir schlendern über die Brücke, knipsen Fotos und beobachten die Menschen. Danach setzen wir uns mit einem Eis in der Hand auf der einen Uferseite hin, lassen den Abend gemütlich ausklingen und versuchen trotzdem so viele Eindrücke wie möglich zu speichern.

Naqsch-e Dschahan oder auch Meidān-e Emām, persisch für Imam Platz

Seit 1979 gehört der fast neun Hektaren grosse Platz zu den UNESCO Weltkulturerben. Erbaut wurde er zwischen 1590 und 1595 und soll mit den ihn umgebenden Bebauungen die Verknüpfung von westlicher Kultur, dem Geistlichen, dem Handel und dem Kommerz darstellen. Im Norden ist das Eingangsportal zum Basar, im Osten die ehemals private königliche Moschee „Masdsched-e Scheich Lotfollāh“, im Süden die Königsmoschee „Masdsched-e Emām“ und im Westen der ehemalige Eingang zum Gartenportal des Schas „Ali Qāpu“. Der ursprüngliche Name Naqsch-e-Dschahan bedeutet „Abbild der Welt“. Später kam der Name „Königsplatz“ dazu und nach der islamischen Revolution wurde der Platz in „Platz des Imams“ unbenannt.

Ein Platz für den ganzen Tag

Wir verbringen einen ganzen Tag auf diesem Platz: Wir besichtigen die beiden Moscheen (Eintritt pro Moschee: Pro Person / 1’000’000 Rial / etwa 3.30 Euro), versuchen Einzelheiten aus den riesigen Bauwerken festzuhalten und schlendern in den Gebäuden umher.

Es folgt ein kurzer Rundgang in Teilen des Basars mit anschliessendem Nachmittagsschläfchen auf dem Platz. Wir besuchen an diesem Tag mehrmals den Basar. Die Stimmung ist je nach Bereich und Tageszeit unterschiedlich.

Natürlich kaufen auch wir uns Erinnerungsstücke, dieses Mal mit Preisverhandlungen. Ein Mann, welchen wir heute kennenlernen, erklärt uns, dass Preisverhandlungen im Iran nicht zur Kultur gehören. In Isfahan auf dem Hauptbasar sei es aber wichtig, dass wir verhandeln, sonst würden wir zu viel für die Ware bezahlen. Wir fragen also bei verschiedenen Händlern nach ihren Preisvorstellungen, begutachten die Ware und steigen freundlich, gelassen und witzelnd in die Preisverhandlungen ein. Im Vergleich zu Shiraz sind die Preise für die Angebotenen Materialien oft höher angesetzt.

Mit Anbruch der Abendstimmung nimmt das Leben im Park zu, Drachen steigen in die Luft, es wird geplaudert, Eis gegessen und auf dem Areal herumgeschlendert. Wir schliessen uns an, lassen die Eindrücke auf uns wirken und bleiben natürlich auch hier nicht unbemerkt.

Persisches Essen

Das Schlendern auf dem Imamplatz nutzen wir, um die persische Süssspeise „Faloodeh“, eine Spezialität aus Shiraz zu testen. Faloodeh besteht aus dünnen Reisnudeln, welche in halbgefrorenem Rosenwassersirup baden. Serviert werden sie mit Limettensaft oder Kirschsirup. Rahel kostet ungeplant auch noch gleich das Safran-Soft-Ice.

Wir testen auch noch einige weitere Gerichte aus. Rahel wagt sich unter anderem an ein Fleischgericht ran. Da wir in diesem Restaurant nicht mittels Karte bestellen können, bin ich mir nicht ganz sicher, aber ich denke, es ist „Isfahan Beryan“, ein sehr fetthaltiges Gericht mit Schafsfleisch. Flo und ich bleiben bei dem uns schon bekannten Eintopfgericht „Ghormeh Sabzi“. Dazu gibt es für alle Lavash, Joghurtsauce mit Schalotten und in Essig eingelegtes Gemüse.

Im Hostel „Sarv“ bieten sie am Abend jeweils vegetarische persische Gerichte an und so geniessen wir eine angepasste Version des Gerichts „Dizi“. Das Originalgericht ist eine Schmorrfleischsuppe („Abgusht“) mit den Zutaten Lammfleisch, Kirchererbsen, Bohnen, Zwiebeln, Kartoffeln, Tomaten, Kurkuma und getrockneten Limetten. Wird das Ganze im traditionellen Tontopf gefertigt, heisst es „Dizi“. Dazu erhalten wir „Thadig“, persischer Reis mit Kruste.

Übernachtung

Als Übernachtungsort wählen wir das Hostel Sarv. Für Rahel gibt es ein bequemes Bett in einem ruhigen 4-Bett-Zimmer und wir können im Eingang in unserem Auto übernachten inklusive Nutzung der Sanitärenanlagen (5 Euro/Auto, 3 Euro/Person). Für alle dabei ist das morgendliche simple Frühstück und die Nutzung aller Gemeinschaftsräume.

Übernachtungsorte: 11.-12.05. Hostel Sarv, Isfahan

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