Armenien, Khor Virap und Ararat

Datum: 17. Juni – 18. Juni 2022

Khor Virap

Gegen Abend treffen wir beim Kloster Khor Virap ein. Das Kloster befindet sich nahe der türkisch-armenischen Grenze und aus dem richtigen Winkel betrachtet, ragt der Berg Ararat hinter dem Kloster in den Himmel.

Im Jahr 288 n.Chr. soll sich an diesem Ort eine Geschichte zugetragen haben, welche den damaligen König (Trdat III) dazu bewegte, das Christentum als Staatsreligion auszurufen. Laut der Legende wurde Gregor der Erleuchter vom König in eine Höhle gesperrt, um ihn vom christlichen Glauben abzubringen. Selbst nach 13 Jahren Gefangenschaft liess sich Gregor nicht von seinem Glauben abbringen. Nachdem er den König von einer entstellenden Hautkrankheit geheilt habe, liess sich der König taufen und rief das Christentum als Staatsreligion der Armenier aus.

Noch heute kann man in der Kapelle in das Loch steigen, in welchem Gregor angeblich gefangen halten worden ist. Der Zustieg ist nicht ganz einfach, denn man muss an einer Leiter durch ein schmales Loch steigen. Mit einer Kamera in den Händen eine etwas schwierige Aufgabe. Unten angekommen fragt man sich, wie ein Mensch hier 13 Jahre lang überleben konnte – man möchte es sich lieber nicht vorstellen.

Die Abendstimmung und die wenigen Leute laden dazu ein, etwas im Innenhof des Klosters zu spazieren und die Umgebung auf uns wirken zu lassen. Beim Ausgang treffen wir auf einen Herrn um die 50 Jahre. Schnell kommt der Armenier auf den Ararat zu sprechen. Während sein Blick zum von der Abendsonne beleuchteten Berg wandert, spricht er weiter: Er bedauere es sehr, dass der Ararat nicht mehr auf armenischem Gebiet liege. Er könne den Berg jeden Tag sehen, aber trotzdem nicht zu ihm, was ihn persönlich sehr schmerze. Wir bleiben noch eine Weile nebeneinander stehen und betrachten den über 5’000 Meter hohen Berg.

Der Berg Ararat ist der höchste Berg der Türkei und gleichzeitig eines der wichtigsten nationalen Symbole von Armenien, unter anderem ist er im Wappen des Landes abgebildet. Gemäss der Bibel sei dieser Berg der Ort, an welchem Noah mit seiner Arche gelandet sei. Heute liegt der Vulkan in militärische Sperrgebiet. Gemäss wikivoyage kann während zwei Monaten der Berg über die Südroute bestiegen werden (mit Visa und lizensierten Bergführern). Die Landübergänge zwischen Armenien und der Türkei sind aufgrund des Bergkarabachs-Konflikt seit 1993 geschlossen. Die Grenzregion zwischen den beiden Ländern wird von russischen Soldaten bewacht.

Fotoshooting

Der heutige Übernachtungsort ist der Parkplatz des Klosters. Denn in unseren Köpfen schwirrt ein Bild rum, welches wir gerne versuchen würden einzufangen. Zwar haben wir noch am Abend den passenden Fotografiestandort gefunden, doch das Bild soll in der Morgenstimmung entstehen. Bei Zeiten stehen wir auf und gehen zum geplanten Ort, um das Foto zu machen. Am Morgen scheint die Sonne auf das Kloster und den Ararat und bietet einen wunderbaren Anblick. Mit einem etwas grösserem Zoom wäre wohl noch mehr drin gelegen aber ich bin mit dem Ergebnis sehr zufrieden.

Während sich der Parkplatz mit vielen Tourenanbietern mit voll beladenden Minibusen füllt und die Touristen aus Yerevan usw. ausladen, sind wir bereit, ein Stück weiterzufahren.

Unerwartete Begegnung in der Provinz Ararat

Wir wollen noch etwas in der Region bleiben und die Sicht auf den Ararat weiter geniessen solange das Wetter noch gut ist. Uns wurde eine schöne Offroadroute in der Nähe empfohlen, welche wir ausprobieren wollen: Der Weg zum Stellplatz führt durch einen ausgetrockneten Fluss und dann weiter hoch auf einen Hügel. Die Strecke ist für uns gut machbar und die Aussicht auf den Ararat und die Umgebung am Stellplatz ist sehr schön und einzigartig.

Sarah schreibt am Blog und schneidet Videos währenddem ich etwas lese und einfach die Ruhe geniesse. Nachdem wir nun fast drei Stunden da sind, sehen wir in der Ferne eine Person. Ich denke mir noch nicht viel dabei – schliesslich führt ein Wanderweg durch den Angels Canyon hier hoch und schon etwas früher haben wir eine kleine Gruppe von Wandern gesehen. Etwas später sehe ich die Person etwas besser und frage mich, was sie vor hat. Es sieht aus, als wäre die Person alleine unterwegs. Sie setzt sich immer wieder hin und der Gang wirkt leicht schwankend, irgendetwas an den Bewegungen irritiert mich und ich bekomme das Gefühl, dass da etwas nicht stimmt. Ich erkenne, dass die Person kurze Hosen trägt und gehe davon aus, dass es sich um einen Tourist handelt. Ich nehme etwas Wasser und Schokolade und mache mich auf den Weg zu jener Person. Tatsächlich handelt es sich um einen Tourist, welcher alleine unterwegs ist. Er sieht gar nicht gut aus und wirkt schon leicht verwirrt. Ich versuche herauszufinden, was los ist und erfahre, dass er bereits acht Stunden unterwegs ist und fast kein Wasser mehr besitzt. Von weitem habe er uns gesehen und versucht auf sich aufmerksam zu machen. Wir haben ihn jedoch nicht bemerkt und nun habe er es endlich fast bis zu uns geschafft.

Gemeinsam gehen wir zu unserem Auto, wo er sich in den Schatten setzten kann und geben ihm mehr Wasser und eine Elektrolytlösung. Diese verträgt er nicht gut und übergibt sich kurze Zeit danach. Wir machen uns grosse Sorgen, dass er bereits zu stark dehydriert ist – denn etwas verwirrt ist er immer noch. Er will uns keine Umstände bereiten und will später alleine weiter gehen – sein Auto sein nicht so weit entfernt.

In seinem Zustand kann er unmöglich alleine weiter gehen und wir bieten ihm an, dass wir in zu seinem Auto oder ins Spital fahren. Nach etwas hin und her akzeptiert er unseren Vorschlag und wir machen uns gemeinsam auf den Weg zurück zu seinem Auto. So fahren wir die Offroadstrecke wieder zurück und prüfen weiterhin seinen Gesundheitszustand. Ins Spital will er nicht. Wir sind etwas hin- und hergerissen, wie wir die Situation einschätzen sollen. Wir entscheiden uns, anhand eines „kleinen Testes“ die Situation einzuschätzen: Die Haut auf dem Handrücken zusammen klemmen, wenn sie bei Loslassen so bleibt, ist die Dehydration womöglich schon hoch und wir versuchen ihn für einen Spitalbesuch zu überzeugen. Die Haut geht beim Loslassen zurück und wir berücksichtigen seinen Wunsch.

Als wir bei seinem Auto ankommen meint er, er wisse nun warum der Ort in dieser Umgebung „Angel Canyon“ genannt wird – er habe heute seine Engel getroffen. Wir sind unglaublich froh, dass es ihm besser geht und lassen ihn bei seinem Auto während wir uns wieder auf den Weg in die Berge machen. Er schreibt uns später, dass er „gut“ nach Hause gekommen sei (nach mehrmaligen Stops mit Erbrechen). Knapp vor der Dunkelheit schaffen wir es wieder zurück zu unserem Stellplatz und fragen uns, was wohl passiert wäre, wenn wir nicht per Zufall dort hin gefahren wären. Lange hätte er wohl nicht mehr durchgehalten.

Übernachtungsorte: 17.06. Umgebung Khor Virap / 18.06. Umgebung Vedi

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