Datum: 07. Dezember – 08. Dezember 2021
Die Mautstrassen in der Türkei
Nach einer Woche in Istanbul wollen wir uns auf den Weg nach Midasstadt machen. Bevor wir die Stadt verlassen können, benötigen wir aber noch das HGS (Hızlı Geçiş Sistemi). Es ist ein Sticker, welcher an der Windschutzscheibe befestigt wird, und ähnlich wie eine Prepaid-Karte funktioniert. Man lädt Geld darauf und wenn man über eine Mautstrasse fährt, wird einem der Betrag davon abgezogen. Wenn kein Geld mehr vorhanden ist, leuchtet die Ampel Rot anstatt Grün.
Da wir weiter in den Osten fahren, müssen wir über die Brücke, durch den Tunnel oder mit der Fähre auf den Asiatischen Kontinent wechseln. Alle drei Varianten sind kostenpflichtig. Wir entscheiden uns für den Tunnel, denn dieser startet fast bei unserem Übernachtungsplatz.
Das HGS kann bei der Post erworben und dort direkt mit Guthaben aufgeladen werden. Vor der Filiale ist ein Beispiel auf den Tisch geklebt, auf welchem auf Englisch steht, was man wo ausfüllen muss – denn das Formular ist nur auf Türkisch verfügbar. Beim ersten Versuch werden wir abgewiesen, denn wir benötigen für den Kauf unsere Pässe. Lustigerweise konnten wir in die Türkei mit der ID einreisen und bekamen den Stempel separat auf einem Papier, aber wenn wir im Land sind und etwas Registrieren wollen, reicht die ID nicht aus.
Beim zweiten Versuch klappt dann alles wie angedacht. Wir erhalten unseren HGS Kleber, befestigen ihn an der Scheibe und sind bereit für die Weiterreise.
Die Tunneldurchfahrt funktioniert tadellos und da wir genügend Guthaben aufgeladen haben, sollte es den Betrag sauber abziehen. Ob dem wirklich so ist, wissen wir nicht. Es gab keine Ampel die uns Grün, Orange oder Rot signalisiert hat.
Wir entscheiden uns, die Osman-Gazi-Brücke zwischen Istanbul und Izmit zu umfahren und uns die Gebühr von 150 TL (ca.10 Euro) zu sparen. Plötzlich finden wir uns aber in unmittelbarer Nähe der Brücke und bemerken, dass unser Navi wohl während der Fahrt für uns den schnelleren Weg ausgewählt hat… Ein Zurück gibt es nicht mehr.
Natürlich reicht unser Guthaben auf dem HGS nicht aus, um die Maut zu bezahlen und so stehen wir vor einer roten Ampel und einer verschlossenen Barriere. Sarah wollte von Anfang an zur Bezahlstation fahren, ich jedoch wollte ausprobieren, was passiert, wenn man zu wenig Guthaben hat. Rückwärts fahren ist nicht mehr möglich, hinter uns steht bereits das nächste Auto. Plötzlich realisiere ich, dass es einen Knopf gibt, den man drücken muss. Der Automat spuckt einen Zettel aus, auf dem viel auf Türkisch steht und eine Internet-Adresse angegeben ist. Die Ampel bleibt auf Rot aber die Schranke öffnet sich.
Etwas später kommen wir wieder zu einer Mautstelle und auch hier erwartet uns dasselbe Prozedere. Nun ja, anstatt nur den Tunnel aus Istanbul zu bezahlen, haben wir nun auch noch die Brücke und eine weitere Strecke für 50 TL absolviert – dem türkischen Strassenverkehrsamt haben wir somit eine gute Spende eingebracht. Nicht ganz, denn irgendwo müssen wir ja unsere Schulden noch begleichen. Dazu hat man in der Regel 7-10 Tage Zeit. Mal schauen, wo wir das erledigen können.
Midasstadt
Trotz der optimierten Route kommen wir wiedermal bei Dunkelheit in die Nähe des geplanten Schlafplatzes. Zudem regnet es stark und ist kurz davor in Schnee über zu gehen. Die Strasse ist seit 10 km nicht mehr geteert und wir müssen uns stark auf die Fahrt konzentrieren. Leider finden wir den Zugang zum Schlafplatz nicht und entscheiden uns, dass wir bis ins kleine Dorf Yazılıkaya bei Midasstadt fahren und dort auf dem Parkplatz übernachten. Hungrig und müde kommen wir so bei Dunkelheit dort an. Ausser uns ist keine Menschenseele zu sehen, die Toiletten sind geschlossen und zwischen durch kommt ein aggressiver Hund vorbei und bellt unser Auto an.
Am nächsten Morgen lässt der Regen nach und nach dem Frühstück machen wir uns zu Fuss auf hoch zur Midasstadt. Midasstadt ist eine der wichtigsten phrygischen Ruinenstätten im anatolischen Hochland. An der Wand des Hochplateaus befindet sich das Midas-Monument, welches wohl als Teil einer Kultstätte für die Göttin Kybele gedient hat. Beim Monument treffen wir auch auf den Bürgermeister des Dorfes Yazılıkaya, welcher uns auf Deutsch begrüsst. Er sei der Bürgermeister und Wächter von Midasstadt. Schon sein Vater hatte diesen Job und seit er 10 Jahre alt ist, sei er mit ihm unterwegs gewesen. Nun mache er das hier schon seit 30 Jahren und spreche daher auch Englisch, Deutsch, Russisch und Italienisch.
Er erzählt uns diverse Informationen über den Ort und wo was liegt, stellt uns auf den besten Fotospot und macht Bilder von uns und begleitet uns ein Stück auf dem Weg um das Hochplateau herum, wo auf der Nordseite ein unfertiges Monument zu betrachten ist. Danach zieht er sich zurück und überlässt es uns, ob wir den langen oder kurzen Weg zum Erkunden auswählen.
Wir entschliessen uns, den längeren Weg zu nehmen und können dabei noch in diverse Zisternen runter steigen. Diese sind ziemlich gut erhalten und ich kann mir gut vorstellen, wie früher die Menschen hier runter gestiegen sind, um Wasser zu holen.
Zurück zum Auto geht es dann über das Hochplateau und auf der anderen Seite wieder runter, wo der Bürgermeister bereits wieder auf uns wartet. Nach einem kurzen Schwatz verabschieden wir uns von ihm und im Regen laufen wir zurück zu unserem Auto. Spannend ist, dass bis vor nicht all zu langer Zeit noch eine 90-jährige Frau in einer dieser Höhlen gelebt hat.
Ayazini
In der Nähe befindet sich Ayazini, welches viele Felsenkirchen und -wohnungen aufweist und auch als kleines Kappadokien bezeichnet wird. Das wollen wir uns nicht entgehen lassen und machen uns auf den Weg nach Ayazini. Unterwegs werweisen wir, ob wir dort etwas zum Mittagessen finden.
Bereits das erste Restaurant ist geöffnet und angenehm warm. Neben unserem Tisch brennt ein Feuer und der Kellner spricht sogar etwas Englisch. Die Menükarte überzeugt uns nicht wirklich, viele Gerichte sind eher europäisch angehaucht. In der Türkei ist es jedoch üblich, dass man fürs Frühstück eher etwas Salziges isst und so bietet sich hier für uns die Gelegenheit, ein türkisches Frühstück für zwei Personen zu bestellen (und das obwohl bereits Mittag ist). Das Frühstück besteht aus vielen kleinen Schüsseln mit den verschiedensten Brotaufstrichen, Eiern, Fleisch, Pommer, Tee, Brot usw.
Wir bitten den Kellner, dass er für uns kein Fleisch bringen soll und so ist es dann auch. Zumindest die Spiegeleier haben keine Wurst drin, aber die anderen Fleischgerichte werden uns ganz normal auf dem Teller angerichtet. Nun ja, dann probieren es, statt es wegzuwerfen. Die Wurst war wirklich gut und erinnert etwas an Waadtländer Saucisson.
Der Kellner kommt immer wieder vorbei und erklärt uns, wie man was isst. So erklärt er uns auch, dass man hier den Kaymak (eine Art fester Rahm) mit Honig vermischt und so aufs Brot streicht. Das Meiste schmeckt sehr gut und wir fühlen uns wie bei einem grossen Brunch. Nach zwei Stunden haben wir uns durch das Meiste durchgegessen und sind bereit für die Höhlenwohnungen.
Das Wetter hat wieder umgeschlagen und als wir bei der ersten Höhle sind, verschwindet die Sonne hinter einem dichten Vorhang von Graupel. Zum Glück hält das Wetter nicht lange und so scheint schon bald wieder die Sonne und wird dann wieder durch neue Wolken abgelöst.
Viel wissen wir über den Ort nicht, spannend ist aber allemal es anzusehen und deshalb hier ein paar Eindrücke:
Übernachtung im Nirgendwo
Die Abenddämmerung bricht langsam herein und wir befinden uns irgendwo im Nirgendwo auf dem Weg nach Pamukkale. Stellplätze finden wir auf Park4Night keine mehr und wir wollen nicht wieder im Dunkeln irgendwo ankommen. So mache ich mich während der Fahrt auf die Suche nach einem geeigneten Stellplatz. Mithilfe der Satellitenkarte auf Google Maps entdecke ich eine Erhöhung etwas abseits der Hauptstrasse. Zwar ist die Zufahrt etwas abenteuerlich, jedoch kommen wir noch vor Sonnenuntergang dort an und haben einen schönen Ausblick auf das türkische Umland. Fast hätten wir umdrehen müssen, denn wir mussten über einen ungesicherten Bahnübergang mit einem hohen Absatz fahren und danach einen steilen und lehmigen Weg hoch. Selbst im 4×4 mit Untersetzung hatten wir Mühe dort rauf zu kommen, aber geschafft haben wir es.
Start mit der Visa-Beantragung für den Iran
Heute ist der Moment gekommen und wir machen uns an die Recherchen zum Iran. Denn nach dem der Iran die Grenzen für 18 Monate geschlossen hatte, sind sie nun seit knapp einem Monat wieder offen. Seit Beginn unserer Reise war es der Wunsch, dass wir in den Iran einreisen können – haben wir doch bis jetzt nur sehr Positives von anderen Reisenden gehört. Jetzt scheint die Gelegenheit da zu sein und so wollen wir erst einmal ein Visa beantragen. Da wir das RN für das Visa über eine Agentur beantragen wollen, müssen wir einen detaillierten Plan vorlegen, wo wir wie lange bleiben und in welchem Hotel wir schlafen. So vergeht eine gewisse Zeit, bis wir alle Hotels raus gesucht und uns über die Preise informiert haben. Natürlich können diese Infos im Nachhinein noch geändert werden, aber für die initiale Beantragung über die Agentur Key2Persia muss dies vorgelegt werden.
Nachdem ich über Radio Gelb-Schwarz den YB Match mitverfolg habe und schon fast schlafen will, kommt mir in den Sinn, dass wir ja noch unser Carnet de Passages (CdP) beantragen müssen. Und so bin ich bis tief in die Nacht damit beschäftigt, das CdP zu beantragen, die Überweisung der Kaution zu erledigen und dem TCS mitzuteilen, wohin sie das CdP schicken sollen.
Auch wenn die administrativen ToDos nicht unsere Lieblingsbeschäftigungen sind, ist es immer erleichternd, wenn wir wieder einen grossen Brocken erledigt haben und uns auf Anderes konzentrieren können.
Übernachtungsorte: 07.12. Umgebung Yazili / 08.12. Umgebung Ayvali