Oman, Nizwa

Datum: 24. März – 25. März 2022

Zwei gebrochene Blattfedern – was nun?

Ausgeschlafen blinzeln wir in die Morgensonne, umgeben von den Juniper Trees. Mittlerweile haben wir von Martina und Tobi, dem Schweizer Paar, welches wir auf Qeshm kennengelernt und in Abu Dhabi wiedergesehen haben, eine Antwort erhalten: Sie sind interessiert an der herausgesuchten Route in der Wüste Rub Al-Khali und versuchen heute oder morgen in den Oman einzureisen. Die Arbeiten an ihrem Defender sollten bald seitens der Garage beendet werden.

Motiviert starten wir in den Tag und checken vor der Abfahrt nochmals unser Auto durch, füllen Kühlwasser nach und kontrollieren den Ölstand. Flo liegt unter dem Auto, plötzlich höre ich ein lautes „Scheisse“. Es macht mich immer nervös, wenn Flo irgendwo am Auto etwas am Anschauen ist, etwas vor sich hinmurmelt und ich noch nicht weiss, auf was es sich bezieht und was genau los ist. Heute klingt es aber wirklich sehr ungut, der Blick von Flo sieht sehr besorgt aus. Ich lege mich neben Flo unter das Auto und sehe es dann selbst: Auf der einen Seite sind zwei von vier Blattfedern gebrochen.

Wie schlimm sind gebrochene Blattfedern?

Wir schauen uns an, denn was nun genau zu tun ist, wissen wir noch nicht, doch was wir wissen, mit gebrochenen Blattfedern können wir nicht mehr fahren. Beide sind einen Moment sprachlos, hat der Tag so gut gestartet und die Wüstentour schon fast möglich geworden und nun das. Doch wir beide gehen es schnell pragmatisch an, denn ändern können wir es sowieso nicht. Wir setzten uns hin und schmieden einen Plan, wie wir nun das Problem, hier im Nirgendwo angehen wollen. Dazu kommt, es ist Donnerstag, das heisst, ab morgen ist Wochenende…

  1. Unserem lieben Mitsubishi-L300-Helfer Mischa schreiben.
  2. Problemsituation im 4x4travel-Forum beschreiben für kreative Lösungsideen und auf was wir achten müssen, den einfach Neue zu kaufen ist wohl nicht so einfach.
  3. Martina und Tobi informieren, da wir nun nicht genau wissen, wie schnell und ob überhaupt wir dieses Problem lösen können.
  4. Die beiden gebrochenen Blattfedern an ihren Platz zurückhämmern und befestigen, damit wir hoffentlich die 50 Kilometer Piste bis Al Hamra fahren können.
  5. Auf eine geöffnete Garage in Al Hamra hoffen.

50 Kilometer Piste mit gebrochenen Blattfedern und erste Lösungsvorschläge

Während wir die gebrochenen Blattfedern provisorisch befestigen, trudeln schon die ersten Rückmeldungen auf unsere verschickten Fragen und Problemschilderungen ein:

  • Homepages, wo man neue Blattfedern bestellen könnte. Dies würde aber sicher zwei bis drei Wochen dauern und wir müssten noch abklären, ob sie überhaupt in den Oman verschickt werden können.
  • Eine gute Schweissergarage suchen, die uns die gebrochenen Blattfedern schweissen können.
  • Einen Schlosser finden, der uns zwei identische Federn herstellt.

Wir sind froh, um die fortlaufend eintrudelnden Rückmeldungen, da wir so Orientierungspunkte für unser weiteres Vorgehen erhalten. Ich fahre langsam die Schotterpiste durch die gebirgige Landschaft. Bei einer sehr abgelegenen Schule sehen wir einen Mann stehen. Er ist Lehrer an diesem Ort und muss nach Al Hamra. Wir bieten an, dass er mit uns mitfahren könne, wir aber sehr langsam sein werden, da wir ein Autoproblem haben. Dankend nimmt er das Angebot an und wir fahren zu dritt weiter. Nach einigen Kilometern kontrollieren wir unsere provisorische Befestigung. Die hat sich schon gelöst und die gebrochenen Stücke sind wieder weit nach vorne gerutscht. Nun soll mittels Spanngurt das Ganze besser befestigt werden. Unser Mitfahrer beteiligt sich sofort bei der Arbeit, geschickt montiert er mit Flo den Spanngurt zur Befestigung.

Diesmal hält es und wir fahren gemächlich Richtung Al Hamra. Wir kommen ins Gespräch. Der Mann kommt aus dem Sudan und arbeitet schon länger an der Schule, bald geht er für zwei Monate zurück in seine Heimat. Er erzählt uns vom Sudan und wir von unserer Reise. In Al Hamra nimmt er uns gleich mit zu den Autogaragen. Die zuvorkommenden Männer, alle auch aus dem Sudan, begutachten das Ganze und teilen uns mit, dass sie dies leider hier nicht reparieren können, vielleicht können sie uns in Bahla weiterhelfen.

Eine gute Garage finden

In Bahla steuern wir auf gut Glück eine Garage an. Der Mann schaut sich das Ganze an und schickt uns an eine Adresse anfangs Dorf. Dort angekommen erläutern wir dem Garagenbesitzer unser Problem. Er ist positiv gestimmt, dass sie die Blattfedern für uns schweissen können. Unser Weg führt in den Innenhof und ich frage nach dem ungefähren Preis. „No problem, no problem“. Ich mag zwar nicht, wenn wir noch nicht über den Preis sprechen können, aber verstehe, dass sie sich das Ganze erst anschauen wollen, bevor sie uns einen Preis nennen können. Doch schon beim Aufbocken des Autos werden wir beide schon wieder etwas skeptisch und haben den Eindruck, es wird etwas hastig gearbeitet, doch wir üben uns weiter im Abwarten und etwas Zeit geben.

Sie beginnen an einer Schraube, welche sich nicht löst, zu hämmern. Sie stoppen und erklären, dass sie nicht stärker Druck darauf geben wollen, um nicht etwas zu beschädigen. Dieser Schritt gefällt mir wieder besser, beobachte aber gleichzeitig, wie ein anderer Mitarbeiter unter dem Auto am Hantieren ist und ein anderer das Schweissgerät vorbereitet. Ich bin verwirrt, wenn sie es nicht lösen können, warum bereiten sie dann das Schweissgerät vor? Flo und ich sagen den Männern, sie sollen ihre Arbeit stoppen, den wir haben den Eindruck, jetzt wird ein anderer Weg eingeschlagen, als wir vereinbart haben. Der Chef kommt und sagt, sie hätten eine Lösung, sie können uns helfen. Wir sind mittlerweile nicht mehr überzeugt und die vorgeschlagene Lösung „die Blattfedern direkt anzuschweissen“ macht es uns einfach, einen Entscheid zu fällen: Hier lassen wir die Reparatur nicht erledigen. Zwar stehen wir unter Zeitdruck, denn mittlerweile ist es 17:00 Uhr abends und viele Garagen schliessen um 18:00 Uhr, doch diese Lösung ist für uns keine Option. Wir befestigen wieder alles und machen uns auf den Weg in Richtung Industrieviertel von Karsha.

Dort angekommen sind die meisten Garagen schon geschlossen, bei einer grösseren sehen wir noch Licht. Zu erst verneinen sie, denn eigentlich wollen sie gerade Feierabend machen. Wir verstehen dies und überlegen uns gerade, was wir nun tun wollen, da kommen sie nochmals auf uns zu. Sie würden es für uns machen, es sei einfach etwas teuer, da es wohl bis 21:00 Uhr dauern wird. Sie könnten uns folgendes anbieten: Eine Blattfeder könnten sie mit einer gebrauchten funktionsfähigen Blattfeder ersetzen, welche sie hier in der Garage haben. Die andere Blattfeder würden sie schweissen, können uns aber keine Garantie geben, wie lange dies halten wird.

Uns gefällt ihre Art, wie sie uns transparent über die Möglichkeiten und Überlegungen informieren und nehmen das Angebot dankend an. Trotz den abendlichen Stunden arbeiten die beiden Mechaniker mit voller Konzentration. Der Hauptmechaniker ist ein feingliedriger Mann mit kaum einer erkennbaren Mimik und einem hochkonzentrierten Blick. Mit grosser Sorgfalt und Sicherheit demontiert er unsere Blattfedern und repariert sie mit der vorhin beschriebenen Lösung. Mein Stein im Bauch beginnt mit jeder Minute, in welcher ich diese Männer an unserem Auto arbeiten sehe, aufzulösen. Ich bin froh, haben wir auf unser Bauchgefühl gehört und die andere Garage verlassen. Und ich bin froh, hatten wir Glück und sind an diese beiden Männer gelangt, die mit grosser Sorgfalt unseren Mitsu hoffentlich wieder auf Vordermann bringen.

Um 21:00 Uhr ist die letzte Schraube wieder befestigt und auch dem fast mimiklosen, feingliedrigem Mechaniker huscht ein Lächeln über das Gesicht, als er uns das Resultat präsentiert. Vielen, vielen Dank! Noch kurz sprechen wir mit den beiden Männern, beide aus Gerla in Indien, verabschieden uns aber schnell, damit sie nun endlich Feierabend machen und in ihr wohlverdientes Wochenende gehen können.

Wir fahren glücklich und müde zum noch offenen pakistanischen Restaurant, nehmen uns das Abendessen als Take Away mit und schlummern dann zu später Abendstunde bei warmen Temperaturen an einem ruhigen Platz etwas ausserhalb von Nizwa beruhigt ein.

Wadi Tanuf als Ort des Wiedersehens und der Planung

Am nächsten Tag machen wir es uns im Wadi Tanuf gemütlich und begrüssen bald auch Martina und Tobi hier. Bei den beiden ging es bei ihren Autoreparaturen und Erledigungen in der UAE auch noch länger als ursprünglich angenommen, doch nun sind die beiden Autos und wir bereit, die angedachte Wüstentour nochmals konkret durchzugehen.

Wir orientieren uns an folgendem Track: http://beyondtheroute.com/2016/05/05/sultanate-ep-003-rub-al-khali/

Nebst diesen Informationen werden sowohl die Satellitenbilder studiert wie auch Diesel- und Wassermengen berechnet. Nach der erweiterten Recherche steht der Entschluss fest: Wir stocken morgen unsere Vorräte auf und machen uns auf den Weg in die Wüste Rub Al-Khali.

Übernachtungsorte: 24.03. Umgebung Nizwa / 25.03. Umgebung Wadi Tanuf

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