Iran, Minab und Umgebung

Datum: 28. Januar – 02. Februar 2022

Von der Wüste bis an den persischen Golf

Unsere Lippen sind geschmückt mit feinen Rissen, die Haut leicht weiss angehaucht – die Hitze und Trockenheit der Wüste, welche momentan noch gut erträglich ist, hat uns in den nur wenigen Tagen trotzdem etwas gezeichnet. Die Vorstellung, die gefundene Wärme mit einer Meeresbrise zu kombinieren klingt verlockend und deshalb ist unser nächstes Ziel schnell klar: Die Küste Irans am Golf von Oman. Vor uns liegen 612 Kilometer und wir planen unterwegs auf dieser Strecke zwei Übernachtungen ein.

Dieses Mal schlagen wir beim Oasenort Shahdad den Weg Richtung Golbaf statt Kerman ein. Vorbei an kleineren Orten und farbigen Bergen führt uns die passartige Strasse weg von der Wüste. In Golbaf lachen uns die Menschen zu und winken. Von einem vorbeifahrenden Auto erhalten wir eine Einladung, welche wir ablehnen, jedoch ein gemeinsames Nebeneinanderfahren in Schritttempo hat allemal Platz. Noch vor Sonnenuntergang richten wir uns an unserem Stellplatz in den Bergen ein und verbringen eine ruhige Nacht.

Früh geht es weiter, denn Wasser filtern steht an. Gleich bei der Abzweigung auf die Hauptstrasse befindet sich in einer unglaublich trockenen Einöde eine Tankstelle, eine Moschee und ein kleiner Laden. Während das Wasser durch die Wasserfilter zu Trinkwasser wird, gesellt sich zu erst ein Mann, irgendwann sind es fünf, zu uns dazu und stellt spannende Fragen zu Corona und Weltgeschehnissen.

Eingedeckt mit ein paar Snacks geht es weiter. Zum Glück haben wir noch ein paar Kapitel des Hörbuches heruntergeladen, denn nur selten haben wir eine Netzverbindung und die kurvenreiche aber eher eintönige Strecke lädt zum Eintauchen in die vorgelesenen Geschichten ein. Ein bisschen hoffen wir, dass wir schon heute die Küste vor Sonnenuntergang erreichen könnten. Schnell wird uns aber klar, dass dies unrealistisch sein wird, den Tanken steht auch noch auf dem Programm. Nicht unweit von der Strasse, in einem trockenen Flussbett in der Nähe eines Ziegenhirtes, finden wir bei Einbruch der Dunkelheit einen Schlafplatz.

Am nächsten Morgen geht es direkt zu der nur etwa zehn Minuten entfernten Tankstelle. Schon von weitem sehen wir die lange LKW-Schlange. Kaum reihen wir uns ein, werden wir nach vorne gewunken an einen Schattenplatz in der Nähe der Tanksäulen. Flo ist umringt von mindestens zehn Männern, aktuell habe es kein Diesel zu Verfügung, sie werden aber eine Lösung für uns finden. Wir verbringen wohl insgesamt eineinhalb Stunden dort. Während die Männer gemeinsam schauen, dass wir sowohl unseren Tank wie auch die Kanister füllen können, werden viele Fragen zu unserer Reise und den gemachten Erfahrungen gestellt und wie uns bis jetzt der Iran gefällt. Am Schluss stehen sie in einem Halbkreis vor uns und schenken uns die erhaltene Dieselmenge. Auch dreimaliges Nachhacken verändert die Aussage nicht und so verlassen wir mit einem „cheili mamnun“ (Vielen Dank) die Tankstelle. Warum kein Diesel kommt und wie lange die mindestens 5o anstehenden Lastwagen warten werden müssen, wissen wir nicht.

Am Militärcheckpoint werden wir von den Männer angehalten, die uns mit verwunderten Augen fragen, warum wir auf unserem Dach Holz transportieren. Unsere Antwort „wir hoffen, bald irgendwo ein abendliches Feuer machen zu können“ trifft auf volles Verständnis und sie wünschen uns weiterhin eine gute Reise.

Region Hormozgan

Mittlerweile befinden wir uns in der Provinz Hormozgan – eine feuchte und heisse Wüstenregion bestehend grösstenteils aus wüstenhaften Bergen. Hormozgan liegt an der Strasse von Hormus, die Meerenge, welche den persischen Golf mit dem Golf vom Oman verbindet und seit der Antike eine wichtige Schifffahrtsstrasse ist. Gemäss Wikipedia werde etwa ein Fünftel der globalen Ölversorgung darüber transportiert und sei somit weltweit von strategischer Bedeutung.

Was wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht wissen: Wir werden insgesamt über fünf Wochen in dieser Provinz verbringen. Doch eines nach dem anderen.

Minab und ein Sommeroutfit für Sarah

Unsere Eindrücke überschlagen sich wieder einmal als wir in die Stadt Minab einfahren – so viele kleine Dinge, die unsere Sinne beanspruchen und uns wieder in eine neue Umgebung eintauchen lassen: Die Häuser sind lehmfarbig, es ist staubig. Die Menschen sehen ganz unterschiedlich aus, verschiedene Hauttöne, oft aber relativ dunkel, teilweise glattes Haar, andere ganz Gekrauste, oft sehr schmale und zierliche Körperbauten, besonders bei den Frauen. Die Namen der Geschäfte können wir nach wie vor nicht lesen, grosses Treiben auf den Strassen, besonders verdichtet je näher wir zum Ortskern kommen.

Die Mehrheit der Bevölkerung sind schiitische Muslime und sprechen Minabi, einen persischen Dialekt. Viele der Frauen tragen eine farbige Maske im Sinne einer Burka und als Sonnen- und Sandsturmschutz. Gemäss Internetrecherche können sich Farbe und Form unterschiedlich zeigen je nach Wohnort, Alter und Zivilstand. Leider konnte ich zu diesem Zeitpunkt keine vertieften Informationen finden. Wir sehen mehrheitlich die rote mit Stickereien verzierte Maske. Googelt mal danach, dann findet ihr bestimmt ein Bild dazu, ich habe in den Begegnungen entweder vergessen zu fragen, ob ich ein Foto machen darf oder auf Wunsch der Frauen keines gemacht.

Es ist heiss und ich brauche dringend ein weiteres Outfit. Ein pobedeckendes Oberteil habe ich schon in der Türkei gekauft und einen Schal als Kopftuch hatte ich schon mit im Reisegepäck. Doch beides ist nun in dieser Region aus viel zu heissem Stoff. Eine Frau mit einem schönen beigen Oberteil fragt, ob wir Hilfe brauchen. Ich erkläre ihr, dass ich genau so ein Oberteil suche. Kaum ausgesprochen geht es Hand in Hand durch den Bazar, von einem Geschäft ins Nächste und wir werden fündig: Ein hellblaues längeres Oberteil mit Knöpfen und ein leichtes luftdurchlässiges schwarzes Kopftuch. Dazu erhalte ich die Nummern und Insta-Accounte der hilfsbereiten und herzlichen Frau und der aufgestellten und energiegeladenen Verkäuferin inklusive Einladung, mich unbedingt zu melden, wenn ich vorhabe, später länger in Minab zu bleiben.

Wir sind Gäste eines ganzen Dorfes

Ein beschriebener Stellplatz auf iOverlander bringt uns auf die Idee, ein Dorf in der Umgebung der Ortschaft Sirik anzusteuern. Wir fahren direkt an den für uns namenlosen kilometerlangen Sandstrand. Zwischen zwei kleinen „Bootsanlegeplätzen“ quartieren wir uns ein und staunen über das türkisfarbene Meer direkt vor unserer Nase. Wie angenehm das kühlende Wasser an meinen Füssen ist, denn die Temperaturanzeige sinkt nicht mehr unter 35 Grad durch den Tag. Baden liegt nicht drin, denn ein Bikini ist nicht erlaubt und ob es mit Ganzkörperkleidung in Ordnung wäre, wissen wir noch nicht.

Während wir die gemütlichen Strandtage geniessen und über die Muschelvielfalt staunen, kriegen wir immer wieder Besuch von unterschiedlichsten Menschen. Mittels Google Translate erfahren wir über ihre Freude, dass wir hier sind, erzählen von ihrem Leben, fragen über unsere Reise und versichern sich mehrmals, ob wir auch wirklich alles haben. Obwohl wir gut eingedeckt sind, scheint es ihnen wichtig zu sein, dass wir ganz sicher gut mit Essen ausgestattet sind und bringen diverse Lebensmittel wie zum Beispiel eigenes Gemüse aus dem Garten, einen Sack Tomaten und einen Sack Zwiebeln, Kekse und so weiter. Unter anderem erhalten wir die hier überall erhältlichen Sonnenblumenkerne und wir nutzen die Gelegenheit, endlich zu üben, damit wir diese auch ohne Blamage essen können und kriegen langsam den Dreh raus.

Wir machen unsererseits Abends ein gemütliches Feuer für eine Bekanntschaft und versuchen bei den verschiedenen Begegnungen immer etwas aufzustellen. Aber am Meisten scheint die Menschen die Begegnung mit uns zu freuen und ihre Hoffnung, dass wir uns wohl und sicher fühlen – was wir uns vollkommen fühlen.

Beim Spaziergang durch das Dorf werden wir neugierig beobachtet, gefühlt jede Person spricht eine Einladung aus und zwei Mädchen erschrecken im ersten Moment so sehr, dass sie zu erst ein paar Minuten benötigen, um mitzuteilen, dass ihr Wunsch gerade in Erfüllung gegangen sei, bis anhin hätten sie Touristen nur aus Filmen gekannt.

Unser letzten Abend verbringen wir auf dem Dorfplatz, denn wir hatten unsere Ruhe und Entspannung und gesellen uns so aktiv ins abendliche Zusammensein ein. Flo ist mitten in der Männerrunde und zum Abschluss nehmen wir eine Einladung zu einem unglaublich leckere Nachtessen bei einer Familie an. Die Mädchen des Dorfes kommen vorbei und ich bin lange Zeit von ihnen umringt, die Freude scheint riesig zu sein und je länger wir zusammen sind, desto mehr kommen ihre Fragen. Spontan gehen sie mit mir auf einen kurzen Überraschungsbesuch bei ihrer Englischlehrerin. Sie würde mich sehr gerne morgen einladen, in die Schule zu kommen, was ein Highlight für die Schülerinnen und sie wäre, jedoch sei ab morgen wieder Homeschooling. Die gesamte Gegend sei rot eingestuft aufgrund der hohen Ansteckungen durch Omikron.

Fotos von Treffen mit diesen wunderbaren Menschen werden wir aus Datenschutzgründen nicht veröffentlichen. Stellt euch lieb lachende und interessierte Frauen mit farbigen Hijabs und gemusterten langen Röcken und gastfreundliche und aufgestellte Männer in Jeans und Hemden vor.

Nach drei Tagen verlassen wir mit einem frisch geputzten Mitsu das Dorf, begleitet von viel Winken. Vielen, vielen Dank für die Gastfreundschaft, die uns täglich entgegen gebracht wird.

Etwas zum Warentransport

Warum eigentlich überall die Fürsorge und Warnungen? Befinden wir uns gerade in einem gefährlichen Gebiet? Ganz grundsätzlich gehören die vielen lieben Worte, die interessierten Fragen, die Fotoshootings, die ausgesprochenen Einladungen, usw. zu unseren Begegnungen zu unserer bisherigen Reise durch den Iran dazu. Die Menschen sind sehr freundlich, besitzen eine riesige Gastfreundschaft und es schient ihnen sehr wichtig zu sein, dass wir als Gäste in diesem Land uns wohl fühlen. In der Gegend, in welcher wir uns momentan bewegen ist bekannt, dass viele der Schmugglerwege über diese Landes- und Meereswege führen, doch als Bedrohung für uns erleben wir dies nicht. Diverse Warengüter werden in und von den umliegenden Ländern transportiert, unter anderem auch Diesel. Angeblich sollen sogar Pferde geschmuggelt werden, sind uns aber nicht sicher, ob da nicht ein sprachliches Missverständnis vorliegt (2 horses liegt nah an 2 hours).

Minab zum Zweiten und Marktbesuch

Zurück in Minab checken wir im Hotel Tourism ein (4.5 Mio. Rial für ein Doppelzimmer, etwa 15 Euro). Die Rezeption ist mittel motiviert, das Zimmer gross und mit eigenem Bad. Unser Mitsu steht direkt auf dem hoteleigenen Parkplatz und so passt das Gesamte gut für uns, unter anderem auch, weil wir innerorts nicht wirklich Alternativen entdecken. Das ursprünglich angedachte Gästehaus ist aktuell in Renovation. Die Regengüsse der vergangenen Wochen haben Teile davon zerstört.

Promt in der Mittagspause schaffen wir es, nach Mittagessen Ausschau zu halten. Zwei junge Männer in einem Auto stoppen und bieten uns an, uns zu fahren. Die beiden sehen sympatisch aus, wir haben ein gutes Gefühl und nehmen das Angebot gerne an. Direkt bringen sie uns an ein offenes Imbisslokal, helfen bei der Bestellung und bringen uns dann zum Park gleich neben dem Hotel. Auf der Fahrt beantworten wir die bekannten Fragen, erfahren von ihrem Leben und sie weisen uns darauf hin, dass Minab nicht ungefährlich sei und wir niemals zu Fremden ins Auto steigen sollen ;). Wären wir nicht so müde, würden wir allenfalls die Einladung für das abendliche Wiedersehen gerne annehmen, doch heute freuen wir uns auf eine gemütliche Zeit zu zweit.

Wir nutzen die Gelegenheit eines Hotelzimmers um einige unserer Kleider von Hand auszuwaschen und mittels perfektem Wasserdruck im Badezimmer unsere Trinkwasserkanister mit gefiltertem Wasser zu füllen. Frisch geduscht geht es zum nahegelegenen Pizzaladen. Die Mitarbeitenden freuen sich riesig über den Besuch, fragen für gemeinsame Fotos und zaubern uns eine leckere Pizza.

Der Donnerstagmarkt von Minab

Am nächsten Morgen geht es für uns an den einmal wöchentlich stattfindenden „Donnerstagsmarkt“. Es soll einer der farbigsten und günstigsten Märkte des Irans sein. Auch wir kaufen kräftig ein. Für umgerechnet 3 Euro sind wir bepackt mit Frühstücksflocken, Karotten, Kartoffeln, Bananen, Äpfeln, Datteln und Pfeffer. Das Gemüse und die Früchte haben wir gleich sackweise gekauft und müssen beim Anblick der Ware im „Mitsu“ etwas über uns schmunzeln. Wir scheinen langsam wie alle hier einzukaufen und nicht nur einzelnes Gemüse oder Früchte. Denn auch für uns ist es angenehm, wenn wir jederzeit etwas anbieten könnten, wenn wir „Gäste“ haben.

Kurz schlendern wir bei den angebotenen Tieren vorbei. Von weitem sehen wir eine Gruppe Menschen um einen Mann versammelt, ob dies wohl wie eine Auktion ist? Weiter geht es zu den Textilständen. Unzählige Frauen inspizieren die angebotenen Stoffe, die verschiedenen goldigen und farbigen Bänder, welche sie für ihre Kleidung nutzen. Die Marktfrauen beobachten das Treiben und ziehen dabei an ihren Shisha-artigen Pfeifen.

Bevor die Menschenströme zu nehmen und das volle Marktleben beginnt, verlassen wir diesen vielfältigen Markt und machen uns auf den Weg Richtung Bandar Abbas.

Übernachtungsorte: 28.01. Umgebung Golbaf / 29.01. Umgebung Roudan / 30.01 – 01.02. Umgebung Bondārān / 02.02. Tourism Hotel, Minab

2 Gedanken zu „Iran, Minab und Umgebung

  • 23. März 2022 um 14:07 Uhr
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    Sehr Beeindtrückent euro Fotos und Kommentare
    Da bekommt man Lust aufs Reisen

    weiterhin alles Gute für das was noch vor Euch liegt
    liebe Grüsse ein etwas neidischer Werner

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    • 18. Juni 2022 um 13:22 Uhr
      Permalink

      Lieber Werner. Vielen Dank für deine schöne Rückmeldung auf unsere Beiträge. Wir freuen uns immer sehr und hoffen, dass man mittels den Texten und Bildern ein bisschen mit eintauchen kann.

      Antwort

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