Datum: 05. Juni 2022
Und dann der Autounfall
Voller Freude steigen Eli, Beni und Rila in ihr Auto und wir in unseres. Es ist noch früh morgens und die Glücksgefühle der Bärenbeobachtung sind bei allen hoch. Was für ein wundervoller Start in den Tag. Da alle den gleichen Plan haben, auf dem Selim Pass gemütlich zu frühstücken, Eli und Beni aber noch einkaufen und tanken wollen, werden wir uns dort wieder sehen.
Langsam geht es den Selim Pass hoch. Da erhalten wir eine Nachricht von Eli und Beni: Sie hatten einen Autounfall. Vor einigen Monaten verursachte ich in der Türkei einen Schaden beim Rückwärtsfahren. Damals waren Sämi und Sarah bei uns und ich war sehr froh, waren wir zu viert. Vier mitdenkende Köpfe können je nach Situation mehr Punkte beachten. Wir entscheiden uns sofort, zurück zu Eli und Beni zu fahren. Ein Auto wollte sie überholen und ist ihnen hinten reingefahren. Das ältere Paar hat körperliche Verletzungen, doch zum Glück nichts Lebensbedrohliches. Eli, Beni und Rila geht es körperlich gut.
Nach Aufnehmen aller Informationen, diversen Telefonaten mit den Versicherungen, Schilderungen des Unfallhergangs usw. tritt folgende Situation ein: Die andere Partei äussert ihre Schuld, trotzdem müssen beide Parteien ihre Autos bis zum Abschluss des Falles auf einem Parkplatz beim Polizeirevier abstellen. Die Bearbeitung des Falles kann 10 Tage oder länger gehen, solange bleiben die Fahrzeuge eingezogen. Die armenische Autoversicherung bezahlt erst etwas, wenn der Fall abgeschlossen ist und danach mindestens 30 Tage vergangen sind. Während dieser Zeit müssten Eli, Beni und Rila im Land bleiben.
Natürlich sind wir in diesem Moment alle froh, ist nichts „Schlimmeres“ geschehen. Einige Wochen später muss man sagen, es ist schon verrückt: Sie hatten keine Schuld, mussten jedoch ihr Zuhause über 10 Tage bei der Polizei lassen, die Kosten für die Übernachtungen und das Mietfahrzeug selbst bezahlen und werden auch den Schaden an ihrem Auto selbst finanzieren …
Selim Pass
Zum zweiten Mal schlängeln wir uns den Berg hoch – noch in Gedanken an das Geschehene, aber die Umgebung lenkt uns ab. Die Orbelian Karawansereien besuchen wir kurz. Nach den Karawansereien des Irans wirkt sie auf uns so klein und unscheinbar, war aber natürlich für Reisende und ihre Tiere in der Provinz Vayots Dzor genau so relevant.
Oben angekommen führt die Strasse über eine sehr weitläufige Hochebene. Wieder ist alles unglaublich grün. Hügellandschaften und viel Weite prägen das Bild. Immer wieder entdecken wir parkierte Autos von Menschen, die in dieser Umgebung picknicken oder Pilze sammeln.
Vandern und wandern beim Berg Argmaghan
Im Moment suchen wir nicht das grosse Offroadabenteuer, sondern geniessen „einfache“ Strassen. Doch ein bisschen weg von der Teerstrasse zieht es uns dann doch. Unser heutiges Ziel ist der Berg Argmaghan. Die Höhe des erloschenen Vulkan beträgt 2829 m und eine Piste führt bis oben. Das klingt nach einem verlockenden Platz für die Nacht. Doch im oberen Teil wird es steil, die Strasse immer ausgewaschener, die Schräge nimmt zu und die Steine grösser. Es könnte gehen, doch wir entscheiden uns hier zu stoppen, bei einem entdeckten Platz unser Lager aufzustellen und den Rest zu Fuss zu machen. Ein bisschen Bewegung tut uns sicher auch gut.
Oben angekommen muss man sagen, es wäre schon schön hier zu übernachten, doch die Strasse blieb anspruchsvoll, auf was wir gerade verzichten können. Die Aussicht ist toll: Auf der einen Seite sieht man bis zum Berg Aragats und in die andere Richtung zum Sewan See. Die Abendsonne verzaubert unsere Umgebung in eine wunderschöne Stimmung. Für den Aufstieg benötigen wir eine Stunde und nach 40 Minuten sind wir wieder zurück beim Auto.
Eindrücke von den Strassenfahrten in Armenien
Während wir den Abend bei einer wunderschönen Stimmung ausklingen lassen, hier ein paar Beobachtungen von unseren Fahrten in Armenien.
Auf unserer bisherigen Strecke fuhren wir immer wieder in Dörfern vorbei, in welchen sich stapelweise braune Blöcke reihen. Mal sind sie rund, mal eckig. Schnell erkennt man, dass es getrockneter Mist ist, welcher wohl als Heizgrundlage im Winter dient. Nebst den hohen Bergen an Heizmaterial fallen auch sofort die vielen Rohre in den Dörfern auf. Diese sind für die Wasserversorgung zuständig.
Allgemein erleben wir Armenien als sehr sauberes Land. Im Vergleich zu vielen anderen Ländern sehen wir kaum oder nur wenig Abfall an den Strassenrändern und in der Natur liegen. Von anderen Reisenden haben wir erfahren, dass es in Armenien ein Projekt gibt namens „My Forest“ https://myforestarmenia.org/. Möglicherweise ist es Projekten wie diesen zu verdanken, dass wir hier insgesamt weniger Littering beobachten. Vielleicht hat es aber auch andere beziehungsweise weitere Gründe. Umso überraschter sind wir, als wir dann plötzlich auf der Hochebene beim Selimpass an Müll vorbei fahren und sinnieren einmal mehr, was eigentlich hilft, dass weniger Abfall in die Natur geworfen wird (was natürlich nicht heisst, dass Länder wie die Schweiz, weniger Abfall produzieren). Sind es Projekte und Aufklärung, sind es Angestellte, die für die anderen sauber machen, sind es Strafen bei Littering, ist es eine Kombination, … ?
Auch wenn wir hier nun auch Abfallberge entdeckt haben, sind wir von Armenien diesbezüglich beeindruckt. Armenien ist ein sehr armes Land, was sonst oft als „Erklärung“ genutzt wird, aber da können sich wohl einige reichere Länder ein Beispiel nehmen.
Übernachtungsort: 05.06. Umgebung Argmaghan
Wie klein die Welt doch ist! 🙂 Jetzt hab ich noch etwas weiter in eurem Blog gestöbert und bin in diesem Beitrag auf Beni und Eli gestoßen. Wir haben die beiden, damals noch ohne Rila, in Bulgarien kennen gelernt. 🙂