Armenien, Jermuk und Norovank

Datum: 03. Juni 2022

Auf den Nebenstrassen nach Jermuk

Jermuk, ein beliebtes Ziel während der Sowjetunion und bekannt als Kurort – das will ich mir anschauen und erhoffe mir, dass wir auch fotografisch etwas gefordert werden. Wir füllen unseren Tank mit unseren letzten Litern iranischen Diesel, verlassen bei einer Abzweigung (39.710931, 45.676331) die Hauptstrasse und legen einen Teil über eine gut befahrbare schmale Schotterpiste zurück.

Aussichtsplattform für den Wasserfall in Jermuk

Die von uns angesteuerte Aussichtsplattform für den Wasserfall ist überwachsen und wir realisieren, dass ein neuer Weg entlang der Arpaschlucht zum Fusse des 68 Meter hohen Wasserfalls führt. Wir schauen uns an und ohne Worte ist der Fall klar: Irgendwie sind wir nicht motiviert. Wir werden beim Gedanken beide sofort schlapp. Warum? Keine Ahnung. Ein anscheinend sehr betrunkenes Paar streitet sich in unserer Nähe. Es ist 10 Uhr morgens. Kurze Zeit später fahren sie mit dem Auto weg und ein verlassenes Gebäude weckt unser Interesse.

Schwierigkeiten beim Einkaufen

Kurz ist unsere Motivation hoch, schon bald wissen wir aber nicht mehr, wo wir nun in diesem Ort unsere Erkundung fortfahren sollen. Unmotiviert Orte zu entdecken bringt nichts, also erledigen wir erst unseren Einkauf. Es ist nicht ganz einfach, denn die Läden sind klein und wir noch ungeübt, was es so für Produkte gibt. Wir packen gleich ein paar uns unbekannte Lebensmittel zum Testen ein: Ein rahmartiger Aufstrich, den man anscheinend mit Honig aufs Brot schmiert, eine Gemüsesauce, eingemachtes Gemüse, Matzoon (Joghurt ähnlich, wir hoffen, dass wir eines erwischt haben mit nicht all zu viel Ziegengeschmack) und einen Granatapfelwein (obwohl uns schon davon abgeraten wurde, doch man muss ja selbst kosten). Auch dieses Mal sind wir erstaunt, was ein Einkauf von Grundnahrungsmittel kostet, denn der Betrag für den Einkauf beträgt dieses Mal umgerechnet 35 Euro. Wenn wir mal jemanden treffen, der Englisch kann, wollen wir nachfragen, wie dies mit dem Durchschnittseinkommen und Preisen aussieht, denn es beschäftigt uns.

Eine kurlige Begegnung

Auf der Strasse spricht uns ein Mann auf französisch an, welcher in Italien lebt. Die Haut auf seinem Gesicht und seinen Händen blättert ab. Sofort beginnt er uns seine Geschichte zu erzählen. Hier eine kurze Version: Er läuft alleine zu Fuss über die Berge durch Armenien. Vor zwei Tagen sei er blind geworden aufgrund des Schnees, er habe keine Sonnenbrille mit sich. Zusätzlich habe ihn das Militär oder die Polizei aufgegriffen und auf den Wachposten gebracht. Seine Sachen wurden durchsucht und er befragt, da er sich nur 10 Kilometer zur Grenze nach Aserbeidschan bewegt hat.

Es ist nicht unser Tag

Nach der Verabschiedung schauen Flo und ich uns an. Was für ein verrückter Tag heute. Irgendwie kommen wir nicht in die Gänge und haben nur eigenartige Begegnungen. Es bringt alles nichts, wir werden heute nicht warm und so verlassen wir Jermuk mit der Idee, entlang der Arpa einen Stellplatz zu finden und einfach zu Sein. Wir vergessen, dass verfallene Kultur- und Sportzentrum zu besuchen, welches allenfalls fotografisch interessant sein hätte können.

Beim Stellplatz angekommen fressen uns die Mücken trotz Mückennetz und -spray. Widerwillig packen wir wieder zusammen und fahren weiter, an einen eingetragenen Schlafplatz auf iOverlander. Er wird schöner beschrieben als er ist, aber für eine Nacht passt es. Fazit: Irgendwie hat der Tag gut gestartet, doch bei Tagesende können wir sagen, es war eindeutig nicht unser Tag.

Besuch von der Polizei

Der Morgen startet friedlich, ein neuer Tag beginnt. Nach nur 30 Minuten erscheinen zwei Polizisten. Sie können kein Wort Englisch, zum Glück gibt es die Übersetzungsapp. Sie wollen unsere Pässe sehen und einen kurzen Blick ins Auto werfen. Sie erblicken die Bialetti und wünschen sich einen Kaffee. Nun ja, besser wir machen einen Kaffee und es gibt gleich noch eine kleine Schweizer Schokolade dazu. Sie telefonieren mit irgendjemanden, es scheint aber alles in Ordnung zu sein und nach dem Geniessen des Kaffees wünschen sie uns einen schönen Tag. Zwar war es einfach eine Kontrolle, wer wir sind und was wir hier wollen, doch solche „Überraschungsbesuche“ versetzen einem doch immer kurz in eine Anspannung. Das gemütliche Gefühl hat sich reduziert, also ist es am Besten in den Tag zu starten und den Platz zu wechseln.

Norovank

Nur kurze Zeit später treffen wir beim Norovank, „neues Kloster“, ein. Armenien hat unzählige bekannte und nicht bekannte Kloster. Wir können uns nicht vorstellen, alle anzuschauen, doch uns ein Bild von diesen Gebäuden zu machen, wollen wir schon. So haben wir uns entschieden, nebst dem Tatev Kloster noch zwei weitere bekannte Kloster anzuschauen: Norovank und später Chor Virap. Das Norovank hat seinen Ursprung im 13. Jahrhundert und neben dem Kloster befindet sich eine Mausoleumskirche.

Zeitlich haben wir uns nicht viel überlegt und treffen genau auf die Mittagszeit ein. Das heisst, Scharen von Touristengruppen tummeln sich auf dem Gelände, die Mittagssonne lässt beim Fotografieren alles weiss erscheinen und es ist schwierig, eine ruhige und angenehme Stimmung aufkommen zu lassen. Wir schlendern durch das Gebäude, sind aber relativ schnell durch. Die beschriebenen Umstände motivieren uns nicht, eine Wanderung zu machen oder auszuharren bis die Abendstimmung beginnt und die Amaghu Schlucht in die bekannten Rottöne verwandelt.

Wir merken, wie sich eine Unzufriedenheit einstellt, da wir uns beide seit gestern Mittag unmotiviert erleben. Es heisst also, bevor wir nur einen Meter fahren, zu überlegen, was wir nun wirklich wollen. Der Entscheid: In der Umgebung von Yeghegis gibt es eine Aussichtsplattform, von welcher man am gegenüberliegenden Berghang Bergziegen und oftmals Bären beobachten kann. Vielleicht haben wir Glück?

Übernachtungsort: 03.06. Umgebung Vayk

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