Armenien, Start in Meghri

Datum: 28. Mai – 29. Mai 2022

Grenzübergang Norduz, vom Iran nach Armenien

Es ist so weit: Wir verlassen den Iran und entdecken ein neues Land. Noch haben wir das Gefühl, wir werden nur kurz nach Armenien gehen, denn im Vergleich zum Iran wirkt das Land auf der Karte unglaublich klein.

Ausreise aus dem Iran

Auf gut Glück betreten wir eines der Gebäuden auf der iranischen Seite. Es sind kaum Menschen hier und es dauert nur wenige Minuten bis uns ein netter Zollbeamte auf Englisch anspricht, uns kurz den Ablauf erklärt und uns in das Gebäude zu bringt, an welchem die Carnet de Passage Erledigungen abgewickelt werden.

Von etwa acht Schaltern sind nur wenige besetzt. An einem hat es mehrere Herren mit Zetteln und genau an diesen müssen wir auch. Der zuständige Beamte ist beschäftigt und es dauert eine Stunde bis wir an der Reihe sind. Ohne Probleme und Zwischenfälle wird alles kontrolliert und der Ausreisestempel für unseren „Mitsu“ ist im Carnet de Passage drin.

Nun holen wir im ersten Gebäude unsere Ausreisestempel und wollen das Gelände verlassen. Da winkt eine Frau in einem Seecontainer mich, ohne Flo, an ihr kleines Fensterchen und kontrolliert nochmals meinen Pass. Ich frage mich, ob sie gedacht hat, ich sei Iranerinnen und deshalb nochmals kontrolliert hat, ob ich überhaupt aus dem Land darf. Dies ist jedoch nur eine Vermutung, wissen werde ich es wohl nie.

Nach einer Stunde sind die Ausreiseformalitäten erledigt. Khoda Hafez.

Einreise nach Armenien

Erster Stopp ist vor einem kleinen Container. Wir müssen aus dem Auto raus und an das kleine Fenster eines Zollbeamten gehen. Neben ihm steht ein trainierter und stämmiger zweiter Zollbeamte. Die Sonne scheint direkt auf uns, der Schweiss läuft uns sofort runter. Es dauert fast eine Stunde, bis Flo’s Personalien im System aufgenommen werden können, irgendwie scheint das „ü“ im Nachnamen ein Thema zu sein. Wir müssen schmunzeln, denn wir sind mittlerweile von den chaotischen und strengen Grenzübertritten gewohnt, dass man doch ab und zu zusammen witzelt, auch wenn man sich gegenseitig etwas mühsam findet. Doch hier läuft es anders: Promt werden wir vom grossen, stehenden Beamten zurecht gewiesen mit „Do not laugh“. Es folgt eine erste Grobdurchsicht des Wagens.

Die nächsten Schritte werden in einem grossen Gebäuden abgewickelt. Es geht um die Formalitäten des Autos: Erfassen der Daten des Fahrzeugausweis und Bezahlen der Umweltgebühr für das Fahrzeug (9880 AMD, etwa 21.25 Euro). Dann geht es durch das gesamte Gebäude bis auf die gegenüberliegende Seite zu einem weiteren Zollbeamten: Es folgt eine schriftliche Information über die Pflicht, eine armenische Autoversicherung zu lösen, auch wenn man schon eine gültige von einem anderen Land hätte.

Mit diesen Dokumenten steuern wir den X-Ray an. Auch da scheint alles in Ordnung zu sein. Danach geht es zu einer weiteren Autokontrolle, eine detaillierte Durchsuchung des Autos von einem Zollbeamten. Nur der Fahrzeughalter darf beim Fahrzeug bleiben, ich muss bei den Fussgängern ausreisen. Vor Flo steht ein Auto eines deutschen Paars. Sie müssen alle Kisten, Säcke, usw. öffnen und zeigen. Bei uns geht es kürzer. Vielleicht hat geholfen, dass Flo den Mitsu mit geschlossenen Fenstern und Türen in der Sonne stehen gelassen hat und somit die Hitze sich ausbreiten konnte. Dem Zollbeamten lief beim Betreten sofort der Schweiss runter und womöglich verflog so auch die Lust und die Nerven, eine intensive Durchsuchung zu machen.

Nach 2.5 Stunden können wir einreisen. Eigentlich war der Grenzübergang geordnet, aber die mehrfachen Kontrollen des Autos doch anstrengend in der glühenden Hitze der Sonne.

Starterledigungen in Armenien

Dieses Mal haben wir darauf geachtet, an welchem Tag wir einreisen, um nicht wieder vor verschlossenen Türen zu stehen. Es ist Samstag und gemäss unseren Recherchen sollten die Büros der Telekommunikationsanbieter und der Versicherungen geöffnet sein. Doch es scheint alles geschlossen zu sein. Langsam dämmert es uns: Es muss ein Feiertag sein. Wir gehen davon aus, dass es wohl Auffahrt oder Pfingsten sein muss, wir sind nun ja in einem christlich geprägten Land. Doch später realisieren wir, dass wir am „Tag der Republik“ eingereist sind, also an dem Tag, an welchem die Unabhängigkeit Armeniens erklärt wurde. Wir schaffen es also nun schon zum dritten Mal (Einreise Griechenland, Iran und Armenien) die geplanten Starterledigungen nicht bei der Einreise abhacken zu können ;).

Autoversicherung

Zum Glück hat uns das getroffene deutsche Paar bei der Grenze noch gezeigt, über welche Seite wir eine Versicherung online lösen können: https://aswa.am. Über ein offenes Wlan erledigen wir kurzerhand diese Notwendigkeit und wählen die Ingo Armenia Versicherung aus (8080 AMD für einen Monat, etwa 18.20 Euro). Leider können wir nur eine fahrende Person eintragen und so ist momentan nur Flo versichert. Wir wollen dies an einem anderen Tag bei einem Versicherungsbüro ändern, da wir jeweils beide fahren, doch aus verschiedenen Gründen wird es nicht dazu kommen und so ist es das einzige Land, in welchem nur Flo fahren wird.

SIM-Karte

Einige Tage später organisieren wir uns in der Ortschaft Kapan unkompliziert die SIM-Karte. Wir entscheiden uns für den Anbieter Vivacell MTS (Kosten SIM-Karte 1800 AMD und Unlimitiertes Internet für einen Monat 3000 AMD, insgesamt also 4800 AMD, etwa 10 Euro).

Bargeld

Das ist nun wieder einfach. Wir können an den Bankomaten Geld abheben und teilweise mit der Karte bezahlen.

Die ersten Nächte in Armenien und die erste Passstrasse

Die erste Nacht verbringen wir an einem kleinen Bergbach mitten in Kühen und Pflanzen. Ein Mann kommt vorbei und schenkt uns Pilze. Ansonsten sind wir ganz für uns. Wir haben viel erlebt in den letzten Monaten und die Ruhe tut gut – einfach mal Sein. Wie so oft, wenn wir in einem neuen Land ankommen, nehmen wir uns Zeit, zu schauen, wer welches Bedürfnis hat. Dieses Mal ist es bei beiden ähnlich: Wir sind gefüllt mit so vielen Informationen, Erlebnissen und Eindrücke, weshalb gemütliches Sein im Vordergrund sein soll.

Ausgeruht fahren wir am nächsten Tag über den Mehgri Pass und treffen nach Kapan auf eine junge deutsche Familie. Sie haben unser Auto erkannt und bald wissen wir auch, warum wir uns eigentlich kennen, wir sie aber nicht erkannt haben. Über andere Reisende haben sie von unserem Blog erfahren und sich dort über die Einreise in den Iran informiert. Zusätzlich hatten wir längeren telefonischen Kontakt, um weitere Fragen von ihnen zu beantworten. Spontan geht es gemeinsam an einen Picknick-Platz als nächster Übernachtungsort. Wir sind nicht die Einzigen: Ist es nun schon vorbei mit der Ruhe und dem gemütlichen Sein? Nein. Die Familien nicken uns freundlich zu, sind aber auf ihr Zusammentreffen konzentriert. Etwas später werden wir eingeladen, es ist aber völlig in Ordnung, dass wir heute in unserer Zusammensetzung bleiben wollen und uns wird unser Raum gelassen. Einen Chacha trinkt Flo trotzdem und bereut dies sofort. Der Armenier kippt seinen letzten Schluck ins Feuer und entfacht so eine Stichflamme – kein Wunder brennt der Chacha in Flo’s Brust.

Erste Eindrücke

Nun stehen wir also da, im Land namens Armenien. Wir wissen noch sehr wenig. Wir wissen, wo das Land liegt, dass die Grenzen zwischen Armenien und der Türkei seit Jahren geschlossen sind und dass nach wie vor „Berg Karabach“ eine Konfliktregion ist zwischen Aserbeidschan und Armenien. Wir werden nach und nach eintauchen, doch erst lassen wir einfach mal die Umgebung auf uns wirken.

Durch unsere diesmalige Reiseart „Auto“ verändert sich die Umgebung meist schrittweise. Doch es gibt auch immer wieder Momente, die wir als grössere Veränderungen wahrnehmen. Mit dem Passieren des Grenzübergangs vom Iran nach Armenien hat sich für uns schlagartig einiges verändert.

Die Häuser sehen ganz anders aus, sie erinnern mich sehr an Filme aus der Sowjetzeit. Hohe Blockbauten, kleine Balkone, wo nicht selten eine ältere, eher festgebaute Dame auf einem kleinen Stuhl sitzt und das Geschehen unten auf den Gassen beobachtet, und unzählig gespannte Wäscheleinen. Und nicht zu vergessen: An jedem Ecken steht ein Schnellkaffeeautomat.

Die Menschen sehen ganz anders aus, was genau anders ist, weiss ich nicht, aber anders. Sie wirken ernst, ruhig und wir erleben sie als zurückhaltend. Wenn wir aber etwas fragen und dazu lächeln, erleben wir sie als hilfsbereit, freundlich und freudig, dass wir ihr Land besuchen.

Die Schrift hat sich verändert. Lesen können wir sie nach wie vor nicht. Das Wort für Hallo können wir nicht annähernd aussprechen, so bleiben wir für den Moment beim „Hey“. Die Sprache Englisch wird uns hier wohl nicht gross weiterhelfen, Russisch wäre praktisch. Ab und zu können die etwas älteren Menschen ein wenig Deutsch.

Statt Moscheen sehen wir nun christliche Bauten. Wir sind von der Islamischen Republik Iran direkt in das Land eingereist, welches als erstes Land das Christentum als Staatsreligion erhob. Gemäss Wikipedia gehören 95% der Bevölkerung der Armenischen Apostolischen Kirche an.

Sind wir noch vor wenigen Kilometern durch trockene und braungefärbte Landschaften gefahren, sind wir nun schnell in ganz viel Grün und Gewitterwolken gelandet. Armenien, wir sind gespannt, was in nächster Zeit auf uns zu kommt.

Übernachtungsorte: 28.05. Umgebung Tashtun / 29.05. Umgebung Kapan

Ein Gedanke zu „Armenien, Start in Meghri

  • 31. März 2023 um 19:08 Uhr
    Permalink

    Ein toller Beitrag! Armenien ist so ein schönes Land.
    Habe euren Blog gefunden, da ich herausfinden wollte wie bei anderen die Einreise von statten ging.

    Viele Grüße!

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