Oman, Wadi Al Arbeieen

Datum: 14. April – 15. April 2022

Ein Ort zum Entscheiden

Verschwitzt von der Hitze, müde von den vielen gefahrenen Kilometern und erschöpft von den Garagenbesuchen stehen Flo und ich uns gegenüber, mitten in einem der Autoviertel von Maskat. Unwissend, was nun unser nächster Schritt ist, steht aber eines klar: Wir haben heute noch nicht unsere tägliche Eisration gehabt und so können wir unmöglich klar denken. Die erste Abkühlung unserer Köpfe bringt der wie immer stark klimatisierte Supermarkt inklusive ruhigem, fast meditativem für uns unverständlichen Singsang. Die Stimmung ist ruhig, die Einkaufswägen bis oben gefüllt mit Mehrfachpackungen an Ess- und Getränkewaren und die Ramadan typischen Esswaren wie Datteln stehen zum Aktionspreis zum Verkauf. Eingedeckt mit einem Eis verziehen wir uns in unseren von Hitze erfüllten Mitsu zurück, denn es ist nach wie vor Ramadan und die Sonne steht noch hoch am Himmel, also essen und trinken wir nicht in der Öffentlichkeit.

Martina und Tobi sind mit dabei, genauso überhitzt und müde von den Autoangelegenheiten. Wie schön wäre es, nochmals einen gemütlichen Abend zu geniessen, bevor wir uns wohl für sehr lange Zeit Tschüss sagen. Doch die Pläne gehen auseinander: Martina und Tobi werden sich in der Umgebung Maskat einen Stellplatz suchen, da sie noch einige Erledigungen vor sich haben und dann in die Berge wollen. Flo und ich wollen heute auch nicht mehr weit, aber für uns macht es noch keinen Sinn, eine nördliche Richtung einzuschlagen. So bleibt das Eis das Abschiedsessen und wir freuen uns, die beiden irgendwann und irgendwo auf dieser Welt wieder zu sehen.

Das Eis bringt Klarheit: Wir brauchen einen gemütlichen Ort, um unsere Reisepläne zu überdenken. Nach den Sugar Dunes wollten wir eigentlich zu den „Malediven Omans“ und dann auf die Masira Insel. Fahren wir erneut mindestens 450 Kilometer zurück zu unserem Ausgangspunkt oder schmieden wir einen neuen Plan? Keine Ahnung, wir brauchen einen Ort zum Entscheiden.

Wadi Al Arbeieen

Gleich drei verschiedene Reisekonstellationen schwärmten vom Wadi Al Arbeieen: Klares und sauberes Süsswasser direkt beim Stellplatz in einer schönen Umgebung. Auch dort geht das Thermometer nicht mehr unter 42 Grad durch den Tag und 30 Grad in der Nacht, doch das sofort erreichbare Wasser des Wadis bringt den ganzen Tag Abkühlung.

Dass Wadi liegt etwa 120 Kilometer von unserem jetzigen Standort in Maskat entfernt. Die letzten 15 Kilometer seien eine unbefestigte, teilweise schmale Piste, sollte aber für unseren Mitsu und uns kein Problem sein. Ein Blick auf die Uhr – ja, wir könnten es noch vor der Dunkelheit schaffen, dort anzukommen.

Nach der eintönigen und man könnte fast sagen hässlichen Schnellstrasse biegen wir auf die Schotterpiste ab. Unser Weg schlängelt sich ab jetzt durch eine schöne schluchtartige Umgebung, vorbei an Gestein in verschiedenen Rottönen und Dattelpalmen.

So schön es ist, wir freuen uns vor allem anzukommen. Wir sind müde und verschwitzt. Es sind nur noch wenige Meter bis zum Ziel, doch mittlerweile hat die Nacht den Tag abgelöst und um uns herum ist alles in Dunkelheit eingehüllt. Plötzlich geht es sehr steil hoch und wir sind mitten auf dem kleinen Dorfplatz kurz vor dem Wadi. Herzlich begrüssen uns die verdutzten Dorfbewohner und scheinen gleich zu wissen, dass wir eigentlich nicht ihren Dorfplatz als Ziel hatten und zeigen uns den Weg. Ein feingliedriger Mann steht etwas weiter unten bereit, um zu schauen, dass wir den richtigen Weg in der Dunkelheit finden.

Wiedersehen und Abschied von Reisegefährten

Angekommen werden wir herzlich von Arne und seiner Familie begrüsst. Die vierköpfige Familie haben wir im Dezember in Istanbul kennengelernt und sind seit diesem Zeitpunkt regelmässig mit Sprachnachrichten in Kontakt für gegenseitige Tipps und Tricks zu allem Möglichen des Reisealltags: Grenzformalitäten, Vorgaben zu Einreise in Bezug auf Covid-19, Währungen, Routen und Stellplätze.

Die Kinder sind gerade auf dem Weg ins Bett, doch bevor wir Erwachsenen es uns gemütlich machen, kühlen Flo und ich uns im Wasser ab. Natürlich werfen wir vorher Steine ins Wasser und in die unmittelbare Gegend, um nicht direkt in Kontakt mit einer Wasserschlange zu geraten. Auch die Schuhe bleiben, ausser im Wasser, an unseren Füssen, die Lieblingsplätze der Skorpione kennen wir ja auch nicht. Jaja, diese Tiere im Oman.

Kaum abgekühlt und in frischen Kleidern bekommen wir Besuch. Der feingliedrige Mann kommt uns begrüssen, bringt Kardamon-Kaffee, Datteln, Früchte und kleine Backwarensnacks als Begrüssung mit. Wir laden ihn auf unsere Picknick-Decke ein, Arne und seine Frau gesellen sich dazu. Wir lassen den Abend gemeinsam ausklingen und schlafen dann trotz den herrschenden 30 Grad in der Nacht schnell ein.

Arne und seine Familie überlegen am nächsten Morgen hin- und her. Lange haben wir auf ein Treffen gehofft und haben es jetzt, nach etwa einem halben Jahr, geschafft. Doch ihr Reisemobil hat sich während des Aufenthaltes im Wadi auf 37 Grad aufgeheizt und kühlt sich nicht mehr ab. Schlaf finden sie so nur schlecht und dies schlägt auf die Stimmung. Sie werden nun nach Maskat fahren, dort soll es eine Parkgarage mit einer Klimaanlage für Busse geben, um die Fahrzeuge runter zu kühlen. Danach werden sie in die nördlicheren Berge gehen, in der Hoffnung, etwas angenehmere Temperaturen zu finden. Wir verabschieden uns von diesen lieben Menschen, mit welchen wir zwar bis anhin nur wenige Stunden gemeinsam verbracht haben, aber doch in unsere Herzen geschlossen haben. Vielleicht sehen wir uns irgendwann irgendwo nochmals.

Die Entscheidung kann warten

Die ersten Sonnenstrahlen des Tages zeigen uns, wo wir gelandet sind und wir beschliessen, zu erst mal unsere Umgebung zu erkunden, bevor wir eine Entscheidung treffen.

Die wiederkehrenden Badeplausche im Becken gleich bei unserem Stellplatz sind zwar nicht mehr so entspannend, wie es uns unsere Reisegefährten erzählt haben, denn wir haben Blutegel entdeckt, gut tut die Abkühlung trotzdem. Immer wieder treffen durch den Tag andere Touristen am Ort an, um das Wadi zu besuchen, der Andrang bleibt aber angenehm. Am späteren Nachmittag wird es ruhig und wir machen uns auf für eine kleine Erkundungstour tiefer ins Wadi rein.

Wieder zurück beim Stellplatz, die Sonne ist mittlerweile untergegangen, geniessen wir erneut Kaffee und Leckereien mit unserer Bekanntschaft aus dem Dorf. Die sprachliche Verständigung funktioniert mehr oder weniger gut. Die Google Translate Übersetzungen sind manchmal sehr genau, manchmal sehr verwirrend. Wir erfahren, dass er morgen ein Date mit einer Frau hat. Sie sind nicht verheiratet, deshalb können sie sich nicht in ihren Zuhause besuchen, doch sie können gemeinsam spazieren und einen Tee, Kaffee oder Wasser zusammen trinken. Irgendwann wird es dunkel und er verabschiedet sich, doch unser Abend geht noch weiter mit Geselligkeit.

Zwei junge Frauen und Männer haben sich in der Nähe des Wasser auf Decken und mit einem kleinen Scheinwerfer eingerichtet. Das Bild erinnert uns an die Picknick-Erlebnisse im Iran. Die beiden jungen Männern bringen uns aus dem Nichts leckere vegetarische Sandwich und laden uns ein, sich zu ihnen zu gesellen. Und was stellt sich heraus: Alle vier sind ursprünglich aus dem Iran, leben nun aber im Oman. Wir fühlen uns sofort heimisch und schmunzeln über die vielen kleinen Details der Gastfreundschaft, die auch diese vier Menschen unglaublich gut beherrschen. Wir essen kein Fleisch – kein Problem, und schon liegt ein süsser Melonenschnitz vor mir. Nüsse und weitere kleinere Leckereien liegen immer griffbereit, auch ein Glas Wasser steht aus dem Nichts neben mir. Mit einem Feuer, einer gemütlichen Runde und einem kühlen, kohlesäurehaltigen Getränk, welches wir schon lange nicht mehr in der Hand hatten, geht ein weiterer schöner Abend unsere Reise zu Ende.

Die Entscheidung geht an den Süden

Wir drücken uns vor der Entscheidung, wo unser nächster Aufenthaltsort im Oman sein wird: Uns lässt der Gedanke nicht los, die Insel Masira zu erkunden. Gleichzeitig macht uns nur der Gedanke, 400 Kilometer wieder in Richtung Süden zu fahren, müde. Wollen wir nicht einfach in den Wadis des Omans planschen? Doch kaum gehen unsere Gedanken in diese Richtung, ruft uns das Meer und die Insel. Irgendwann steht der Entschluss fest: Ab zur Masira Insel.

Übernachtungsorte: 14.04. – 15.04. Wadi Al Arbeieen

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