Datum: 31. März – 03. April 2022
Der langweilige Weg in die angeblich grüne Welt von Salalah
Nach den ereignis- und abwechslungsreichen Tagen in der Wüste Rub Al-Khali folgt nun eine eintönige Strecke von 330 Kilometer bis zur Stadt Salalah. Mir schläft auf dem Beifahrersitz fast das Gesicht ein. Es geht einfach gerade aus durch flache und trockene Wüstenlandschaft. Ab und zu sind Lastwagen vor uns, dann wieder hinter uns. Ab und zu sehe ich in der Ferne Kamele, aber das war dann schon das Höchste der Gefühle.
Im Auto ist es heiss und das Wasser in meiner Trinkflasche ist heute auch keine Freude. Zwar haben wir unsere Tanks mit frisch gefiltertem Wasser gefüllt, aber irgendwie hat es eine komische „Konsistenz“ – ja, auch Wasser fühlt sich unterschiedlich an. Doch momentan sehen wir nirgendwo eine Möglichkeit, das Wasser auszuwechseln, und so ist das wichtige Trinken bei dieser Hitze nur bedingt eine Wohltat. Wohl das erste Mal nehme ich bei einer Fahrt den Laptop zu mir. Ich mache dies sonst nie, schaue ich zu gerne, was an uns vorbeizieht. Ich versuche etwas an den Videos zu arbeiten, doch die Wärme, die mich umgibt, lässt mein Arbeitstempo wohl zur Hälfte oder noch weniger reduzieren.
Doch die Aussicht, eine anscheinend so grüne Umgebung in der Region von Salalah anzutreffen und ein wunderschöner Strand als unseren nächster Stellplatz anzusteuern, motivieren uns, die gesamte Strecke in einem Stück durchzufahren.
Doch irgendwann kommen wir unserem Ziel näher und kaum sind wir über die passartige Strasse gefahren, verändert sich die Umgebung schlagartig: Die Luft fühlt sich feuchter an und der Geruch ist ganz anders. Bei der Einfahrt von Salalah fallen uns sofort die vielen Palmen und die grünen Rasenflächen mit Wassersprenklern auf. Die hügelige Umgebung überrascht uns weniger mit grünen Farben, es ist alles in braun gehüllt, sondern mit den darauf weidenden Tieren. Nebst den uns bekannten Kamelen und Ziegen sehen wir eine Vielzahl an Kühen. Aber so grün, wie wir es uns vorgestellt haben, ist es nun auch wieder nicht. Bald wissen wir auch wieso: Die Monsunzeit beginnt im Juni und erst dann verwandelt sich Salalah und die Umgebung in die umschwärmte grüne Umgebung.
Fazayat Beach
Es ist schon späterer Nachmittag, sowohl Martina und Tobi’s Vorräte wie unsere sind wieder aufgefüllt. Trotzdem verweilen wir noch eine Zeit auf dem Parkplatz des Supermarktes. Das Vorderdifferential von Martina und Tobi’s Auto hat Spiel und die Frage ist, ob heute, am Donnerstagabend (wie bei uns in der Schweiz der Samstagabend), noch der Moment ist, eine Garage aufzusuchen oder das Ganze nach dem Wochenende anzugehen. Es ist keine einfach Entscheidung: Autoprobleme lassen einem nicht in Ruhe, bis man sie erledigt hat, aber Garagenbesuche benötigen oft auch viel Energie. Die Entscheidung: Ab an den Strand, Entspannen und Geniessen.
Abenteuerfahrt in der Nacht
Bei Abenddämmerung machen wir uns auf den Weg. Es liegen nochmals 70 Kilometer vor uns. Beim Mughsail Beach verwandelt sich der Abend in die Nacht und für uns geht die Fahrt nun in der Dunkelheit weiter.
Die Strasse schlängelt sich die vielen Hügel hoch und runter, wir sind langsam unterwegs. Plötzlich kommt um die Ecke ein Auto in unglaublichen Tempo auf unserer Strassenseite, Flo hupt ohne Unterbrechung – kein Crash. Etwas weiter vorne stoppen wir, Martina und Tobi hinter uns auch. Der Autofahrer hat nach uns weiter auf die falsche Seite gezogen und auch Martina und Tobi sahen sich schon in einem Crash. Alle benötigen Zeit zum Durchatmen, doch dann geht es weiter.
Zu den drei Stränden Fazayat führt uns eine steile, abwärtsführende Schotterpiste und wir erreichen müde und erschöpft unser Ziel. Wir sehen nichts, es ist vollständig dunkel mit einer sehr hohen Luftfeuchtigkeit und die Temperaturen gehen nachts nicht mehr unter 30 Grad – phu.
Wunderschöner Strand
Der Anblick der Fazayat Strände verzaubern uns. Weisser Sand, meterhohe Felswände und türkises bis dunkelblaues Wasser – und kaum Menschen. Was für ein schöner Ort!
Zwar steht heute nochmals einiges an Erledigungen an, danach wollen Flo und ich jedoch einfach ein paar Geniesser-Tage am Strand machen. Wir richten uns zu viert an einem Platz ein und es startet eine Coiffeursession, den auch Reisenden lassen sich zwar ziemlich aber nicht vollständig verwildern ;).
Während Martina und Tobi fleissig an den Recherchen und Abklärungen bezüglich Auto sind, wenden Flo und ich uns unserem Iran-Visa zu, denn wir haben uns endgültig entschlossen, nochmals in den Iran zu reisen. Am Strand selbst haben wir keine Internetverbindung, doch auf den etwa 10 Minuten entfernten Felsenklippen reicht das Signal, um gewisse administrative Arbeiten zu erledigen. Während wir vertieft in unsere Bildschirme sind, hält Martina unser Outdoor-Office gekonnt für die Zukunft fest.
Wir haben einen ungewollten Besucher
Der Abend lassen wir gemütlich zu viert am Lagerfeuer ausklingen und freuen uns auf den Badetag am nächsten Tag. Doch leider kommt alles anders als geplant. Als ich in den Mitsu gehe, entdecke ich eine angebissene Banane. Ich ahne das Unheil schon, hoffe aber noch, dass Flo sich einen Scherz erlaubt oder plötzlich komische Sachen macht, wie eine Banana inklusive Schale anzubeissen. Doch er verneint leider. Ich merke, wie ich innerlich unruhig und nervös werde, denn das heisst, ein Tier hat diese Verschandung veranstaltet. Es sieht schwer nach einem Nagetier aus.
Die gemütliche Abendstimmung ist vorbei. Zu viert beginnen wir unser Auto zu inspizieren und finden leider weitere Spuren, die unseren Verdacht bestätigen. Eine Maus treibt in unserem Mitsu ihr Unwesen, denn unser „Arabic Bread“-Packung ist durchgebissen und an zwei Stellen im Auto finden wir Kot. Nur schon der Gedanke, dass eine Maus sich unser kleines Zuhause ausgewählt hat, schaudert und ekelt mich.
Die nächtliche Ausräumaktion bleibt leider erfolglos und so legen wir uns mit Widerwillen um 04:00 Uhr ins Bett. Nur mit viel Mühe schaffe ich es, einzudösen. Das neue Mitglied stresst mich unglaublich. Das Gefühl, die Maus könnte jederzeit auf mich oder über mich springen, lässt mir keine Ruhe. Gerade als ich fast eingeschlafen bin, hören wir es rascheln. Sofort sind Flo und ich hell wach, sitzen auf und Flo’s Worte „Ich sehe sie, sie ist gross“ lassen meinen ganzen Körper erstarren und in Höchstspannung versetzen.
Während ich noch in meiner Stressstarre stecke, hat Flo schon einen Plan ausgeheckt. Die grosse „Maus“ (da Flo gesagt hat, sie sei gross, kommt mir der Gedanke, ob es eine Ratte ist, will es aber nicht aussprechen) sei hinter unserem Kühlschrank. Flo versucht sie mit dem GoPro-Stock dort in Schach zu behalten, während ich von aussen die Heckklappe öffne, mit der Hoffnung, dass sie rausspringt. Gesagt, getan. Flo verursacht Lärm und blockiert die Gänge in die andere Richtung, ich sehe jedoch kein rausspringendes Tier… Da war wohl jemand schneller als wir und sitzt wieder irgendwo in einem Versteck in unserem Mitsu…
Ich bin froh, als es Morgen ist. Aus dem geplanten gemütlichen Strandtag wird nun ein intensiver Aufräum-, Such- und Basteltag bei 40 Grad. Flo und ich räumen möglichst alles aus dem Auto, putzen und fegen so gleich eine halbe Rub Al-Khali Düne aus unserem Mitsu, und versuchen mit den Möglichkeiten, die wir hier haben, „Mäuse-entfernende“ Aktionen umzusetzen. Sogar unsere Autositzstühle bauen wir aus, um alles im Überblick zu haben. Den Boden reinigen wir mit einem Gemisch aus Wasser und Essig, den dieser Geruch sollen die Mäuse (und hoffentlich auch Ratten) vertreiben. Weiter ist klar, dass eine Falle her muss. Das erste Mal schätzen wir die angeschwemmten Abfälle und nutzen einen leeren Ölkanister mit einer Dose und Draht für die Lebendigfalle für unseren neuen Mitbewohner. Martina und Tobi nutzen während dessen ihren Instakanal als Hilfe und machen einen Aufruf, was am Effektivsten gegen solche Tiere nützen könnte, was die Annahme „Falle“ bestätigt. Gleichzeitig schauen sie fleissig für unser Wohl und bekochen uns den ganzen Tag.
Mit der antretenden Dunkelheit nimmt die Luftfeuchtigkeit unglaublich schnell zu, weshalb der Moment gekommen ist, alles wieder einzuräumen. Waren wir ab und zu durch den Tag euphorisch, sind wir nun beide ruhig und ernüchtert. Wir haben die Maus (oder ist es doch eine Ratte?) weder gesehen, noch gehört, noch ist sie in unsere Falle gefallen.
Ich kann kaum im Bett liegen. Zwar bin ich müde, aber ich stehe wirklich unter Stress. Jedes Geräusch lässt mich zusammenzucken. Irgendwann haben wir beide das Gefühl, wir hören etwas, haben aber auch den Eindruck, langsam paranoid zu werden. Flo schliesst das Dachfenster, damit die Wellengeräusche nicht mehr hörbar sind und wir so nochmals mit mehr Ruhe Lauschen können. Ich liege auf dem Rücken, schaue so durch das Dachfenster zum dunklen Himmel und versuche mich selbst zu beruhigen.
Ich schaue also hoch und plötzlich sehe ich ein Tier über das Dachfenster gehen. Eine riesige Maus mit langem Schwanz beziehungsweise jetzt bin ich überzeugt, dass es eine Ratte ist, läuft in der Mitte über das Dachfenster. Ich schrecke auf, der Ekel ist riesig. Vielleicht ist es unser ehemaliger Gast, vielleicht auch nicht, was aber klar ist, es sucht einen Weg zu uns rein. Mit dem Schlafen ist es vorbei, so kann ich nicht wieder einschlafen.
Wir beschliessen wenigstens ein paar Meter wegzufahren. Mit einer Luftfeuchtigkeit, die sowohl im Inneren uns nässt, wie die gesamte Aussenumgebung in einen Nebel gehüllt hat, schlafen wir irgendwann ein. Wir bekommen in dieser Nacht weder im noch auf unserem Auto nochmals Besuch. Doch der Stresspegel ist bei mir immer noch so hoch, dass wir am nächsten Tag diesen wunderschönen Ort verlassen.
Rückblickend
Der Besuch der Maus und die zu diesem Zeitpunkt sehr hohe Luftfeuchtigkeit hat uns nach nur drei Nächten von diesem wirklich sehr schönen Ort weggetrieben. Im Nachhinein bereuen wir es teilweise, dass wir nicht noch ein oder zwei Nächte geblieben sind, doch zu diesem Zeitpunkt war es emotional nicht möglich. Der Abschied von dort bedeutete auch ein Abschied von Martina und Tobi. Wir haben es unglaublich genossen mit euch beiden. Wir freuen uns, euch irgendwann irgendwo wieder einmal zu sehen!
Zwischenstopp Autowerkstatt
Die Fahrt über Salalah nutzen wir gleich, unseren Auspuff nochmals richtig zu befestigen. Dafür nutzen wir das Autoviertel und schaue einfach nach einer Garage, welche die Wände voll mit Auspuffen geschmückt hat und finden so schnell unsere Ansprechperson.
Start Ramadan
Mittlerweile hat der Ramadan gestartet. Der Fastenmonat hatte dieses Jahr am 01. April 2022 seinen Start. Gläubige Muslime und Musliminnen fasten in dieser Zeit jeweils zwischen Sonnenauf- und Sonnenuntergang.
Die Supermärkte habe weiterhin offen und die sonstigen Arbeitsgeschäfte können reduzierte Arbeitszeiten haben. Für unseren Alltag bedeutet dies, dass wenn wir etwas erledigen wollen, dies möglichst auf den Morgen zu legen und wir achten darauf, nicht in der Öffentlichkeit zu essen und zu trinken.
Jabal Samhan
Wir schlagen nicht den direkten Weg Richtung Norden der Küste entlang ein, sondern begeben uns in die Hügellandschaft des Jabal Samhan. Die angenehm kühleren Temperaturen und die trockene Luft bringen uns eine ruhige Nacht.
Die Maus oder die Ratte hat wohl wirklich unser Zuhause verlassen. In unserem Mückennetz haben wir ein Loch entdeckt, wodurch sie möglicherweise in der ersten Nacht geflohen ist. Trotzdem haben wir uns mit einer Falle eingedeckt und stellen die sicherheitshalber noch auf. Nach den schon gesehenen kleinen Skorpionen beim Wadi Tanuf, der Maus oder Ratte in unserem Mitsu begrüsst uns an diesem Abend schon das nächste Tier des Omans: Eine riesige Gottesanbeterin. Der Besuch des arabischen Leoparden bleibt aber aus.
Übernachtungsorte: 31.03. – 02.04. Umgebug Fazayad Strand / 03.04. Umgebung Jabal Samhan