Datum: 30. August – 01. September 2021
Informationssuche zum Nationalpark
Etwas sind wir von Bosnien und Herzegowina schon gewohnt: Wenn es Informationszentren gibt, dann versteht das Personal entweder kaum Englisch oder es ist nicht sehr informativ. Meist aber fanden wir gar keine Informationen und mussten andere Personen fragen oder im Internet recherchieren. Beim Sutjeska-Nationalpark haben wir die Hoffnung, dass dies anders ist. Schliesslich ist dies der älteste Nationalpark von Bosnien und Herzegowina.
Ein Informationszentrum ist angeschrieben und wir fahren dort hin. Vor Ort finden wir neuere Gebäude, welche noch vorbereitet werden, aber das war es dann auch schon. Weder im kleineren Holzhaus noch im grossen Gebäude neben dran finden wir jemanden, der uns Informationen zu der geplanten Wanderung auf den Maglić geben könnte. Nun gut, ein Versuch war es wert.
Nationalpark Sutjeska
Wir fahren hoch zum Nationalpark, geben die Route im Navi ein. Kurze Zeit später finden wir uns an einem sehr steilen Stück wieder. Die asphaltierte Strasse endet hier und vor uns steht ein Van (nicht sehr Offroad-tauglich) aus Tschechien. Anscheinend hat denen das Navi den selben Weg angezeigt. Wir lassen uns von der Zufahrt zum Nationalpark nicht entmutigen und lassen mal fröhlich Luft aus unseren Reifen. Sarah wird etwas skeptisch, denn gemäss ihren Informationen sollten auch normale Vans hin kommen – etwas langsamer aber es sollte machbar sein. Diese Strecke hier sieht aber nicht sehr machbar für normale Vans aus. Bevor wir versuchen hoch zu fahren, ruft uns jemand zu sich und meint, dass wir hier falsch sind. Wir sollen der anderen Strasse weiter folgen und erst dann abbiegen, dies sei der richtige Weg. Die Tschechen sind etwas erleichtert und wir fahren zusammen zum richtigen Eingang des Nationalparks.
Der Parkwächter spricht kein Englisch und auch unsere Wortfetzen auf Bosnisch helfen nicht weiter. So wissen wir weder, ob wir oben übernachten dürfen, noch ob der Eintritt (10 BAM pro Person) pro Tag oder für die ganze Zeit gilt. Nun ja, so teuer ist es nicht und wenn wir beim rausfahren dann mehr bezahlen müssen, ist dies nicht so schlimm.
Die Fahrt bis zum Fusse des Maglić dauert laut den Bewertungen auf Park4Night 1.5 Stunden. Wir benötigen zum Glück nur 1 Stunde, denn unser Fahrzeug steckt die schlechte Strasse mit tiefen Schlaglöchern, steilen Anstiegen und vielen Steinen locker weg.
Oben angekommen können wir einen wunderbaren Blick auf den Maglić und die umliegenden Berge geniessen. Die Sonne geht langsam unter und taucht die ganze Umgebung in ein wunderbares Licht. Zum Schluss scheint es, als würden die Berge brennen – so rot ist alles.
Die Nacht ist klar und die Milchstrasse leuchtet direkt über unseren Köpfen vor sich hin. Selten habe ich die Milchstrasse in Europa derart deutlich und klar gesehen – Zeit mal wieder ein paar Nachtaufnahmen des Sternenhimmels zu machen.
Wanderung über den Maglić nach Montenegro und zurück
Lange haben wir überlegt, ob wir auf der Westflanke oder über den Ostweg den Maglić besteigen wollen. Die Westflanke soll steil, die Drahtseile an den wichtigsten Punkten ausgerissen und der Weg teilweise rutschig sein. Dafür könnte man den Aufstieg mit einer Wanderung zum herzförmigen Trnovac See in Montenegro verbinden und über eine Rundwanderung zurück zum Parkplatz gelangen. Auf der Ostseite wäre der Aufstieg weniger steil und gefährlich, dafür würde die Rundwanderung länger dauern und mein Knie würde dies ganz sicher nicht mitmachen. Also müssten wir beim Ostweg auch wieder dorthin zurück und es wäre keine Rundwanderung.
Wir entschliessen uns für die Westflanke, um auf den Maglić zu steigen und wollen dann oben entscheiden, ob wir zum Trnovac See wandern oder über den Ostweg den Abstieg angehen. Auf dem Parkplatz treffen wir ein paar Wanderer an und fragen, wie der Weg über die Westflanke ist. Die Antwort ist die Selbe, wie wir bereits gelesen haben, aber es klingt durchaus machbar für uns.
Früh am Morgen starten wir (08:45 Uhr – geplant war 08:00 Uhr) und machen die ersten Höhenmeter. Der Weg ist ziemlich steinig und es liegt viel Geröll auf dem Weg. Die Sonne versteckt sich hinter dem Maglić und die Temperaturen sind noch nicht so angenehm. Etwas weiter oben beginnt zudem ein eisiger Wind zu blasen und unsere Hände gefrieren uns fast ein (Stirnbänder haben wir dabei, aber an Handschuhe haben wir nicht gedacht). Nach knapp zwei Stunden erreichen wir den Gipfel und was wir über den Weg gelesen haben, hat sich bewahrheitet. Es war steil, die Sicherungen waren eher dürftig und die Felsen waren teilweise rutschig. Dafür war der Weg alles andere als langweilig und wir können ein super Panorama auf dem Gipfel geniessen.
Wir haben noch viel Kraft und entscheiden uns, den Weg über Montenegro, vorbei am Trnovac See zu nehmen.
Bereits beim Aufstieg haben wir zwei Männer aus Serbien angetroffen, welche uns auf dem Gipfel einen Schluck Rakija anbieten. Danach müssen wir erst mal für ein Foto mit ihrer Fahne eines Wanderclubs posieren.
Der Weg nach Montenegro führt über den Maglić auf der montenegrinischen Seite runter zum herzförmigen See. Durch die Höhe hat man fast auf dem ganzen Weg ein super Panorama auf die umliegenden Berge.
Am See holen uns die Serben während unserer Mittagspause ein und meinen, wir sollen danach beim Hüttenwart und Parkwächter noch einen Kaffee trinken kommen. Sie lassen uns nicht aus den Augen und als wir uns auf den Rückweg machen wollen, kommen sie auf und zu und wir folgen ihnen zum Kaffee. Der Hüttenwart ist gleichzeitig Grenzbeamte, Nationalparkangestellter und Wirt. Wir bezahlen je einen Euro für den Naturpark Piva und bestellen einen Kaffee. Die Serben bieten uns erneut Rakija an und wir quatschen noch etwas. Zusammen machen wir uns dann auf den Rückweg und tauschen Informationen zur Schweiz aus.
Bergbauer und Bären
Jeden Abend kommt ein Bauer an unserem Stellplatz (beim Parkplatz) vorbei, stellt ein paar Fragen und schaut interessiert in den Mitsu. Die beiden Serben haben bei ihm übernachtet (ein kleines Häuschen mit einfachen Matratzen, für 5 Euro / Nacht / Person). Wir folgen der Einladung zum Kaffee bei ihm und statten ihm einen Besuch ab. Dort erfahren wir, dass sein Bruder das Haus hier, in dem er während der Sommermonate lebt, gebaut hat. Es ist sein Zwillingsbruder, welcher in Sotschi für die Olympischen Winterspiele ähnliche Häuser gebaut hat. Auch das kleine Häuschen für die Gäste hat er gebaut. Der Bauer, Radowan, selber sei nie zur Schule gegangen und komme seit er klein ist im Sommer mit seinen Kühen hier hoch.
Er spricht ein bisschen Englisch aber nur ein paar Worte, den Rest „besprechen“ wir mit Händen, Füssen und Andeutungen. Mit der Milch der Kühe macht er selbst Käse und wir wollen ihm etwas abkaufen. Geld will er von uns keins – schliesslich seien wir seine Freunde. Wir haben das bereits geahnt und zwei Packungen Teigwaren eingepackt, die wir in einem solchen Fall anbieten können. Als er die Teigwaren sieht, leuchten seine Augen und er nimmt sehr gerne beide Packungen im Tausch gegen Käse an.
Leider schmeckte uns der Käse nicht sonderlich – zu ungewohnt ist der Geschmack von „Käse“, welcher simpel während einem Tag draussen an der Sonne gemacht wird.
Bevor wir gehen, zeigt er uns noch ein Foto eines kleinen Braunbären, welcher vor einem Jahr auf dem Parkplatz zwei Touristen bedrängt hat. Anscheinend wollte er dort etwas zum Knabbern holen, denn die beiden Franzosen mussten ihn mit einem Stock in die Ferne jagen. Zum Glück sind wir nicht in der Schweiz, sonst wäre das Ende dieses Bären wohl von den Jägern besiegelt gewesen.
Sutjeska
Vor unserer Abreise aus Bosnien und Herzegowina besuchen wir noch das Sutjeska Denkmal. Uns war wieder einmal nicht bewusst, wie geschichtsträchtig dieser Ort ist. Hier wurde die „Operation Schwarz“ während dem zweiten Weltkrieg ausgeführt und hatte als Ziel, die Partisanen zu vernichten und Tito gefangen zu nehmen. Der Ausgang der Schlacht war der Wendepunkt für Jugoslawien im Zweiten Weltkrieg. Die Operation der Achsenmächte zusammen mit den Kroaten schlug fehl und die Unterstützung der jugoslawischen Völker wandte sich zugunsten der Partisanen.
Adé Bosnien und Herzegowina – wir kommen wieder
Während fast einem ganzen Monat hat uns Bosnien und Herzegowina in seinen Bann gezogen. Wir haben viel Neues gelernt und waren immer wieder erstaunt über neue Erkenntnisse zum Bosnienkrieg, den aktuellen Umständen, der wunderbaren und sehr abwechslungsreichen Natur und den aufgestellten, gastfreundlichen und hilfsbereiten Menschen.
Die Natur in Bosnien und Herzegowina ist extrem vielfältig und reicht von karger Landschaften mit Steinen, über goldene Hochebenen, mit klarem Wasser durchzogenen Schluchten, grünen Hügeln zu wunderbaren Seen, welche in hüglige Landschaften eingebettet sind. Dabei kann man gemütlich an einem Fluss den Tag ausklingen lassen oder bei einer schweisstreibenden Bergwanderung seine Energiereserven aufbrauchen.
Uns gefällt es hier sehr gut und wir werden definitiv eines Tages wieder kommen. Hoffentlich verbessert sich die Infrastruktur bezüglich Informationen zu Wanderungen und Ausflügen so wie weiteren Aktivitäten in den einzelnen Regionen noch etwas, denn viel haben sie alle zu bieten.
Übernachtungsorte: 30.08. – 01.09. Umgebung Maglić