Slowenien, Südosten

Datum: 10. – 13. Juli 2021

Auf Bärensuche im Südosten von Slowenien

In Slowenien leben je nach Schätzung zwischen 400 und 700 Braunbären in freier Natur. Wenn man sich auf Google Maps die Satellitenbilder der Regionen im Süden und Südosten ansieht, verwundert dies auch nicht: Fast die gesamte Fläche besteht aus dichtem Wald. Allgemein besteht 60% des Landes in Slowenien aus Wäldern. Nach etwas Recherche kommen wir zum Schluss, dass es einen relativ sicheren Weg gibt, die Braunbären in freier Wildbahn zu sehen: Man bucht eine Tour, fährt zu einem Hochsitz und wartet auf die Bären. Das ganze dauert um die 4 Stunden und kostet ca. 60 Euro / Person. Dabei besteht die hohe Wahrscheinlichkeit darin, dass die Bären an bestimmten Plätzen immer wieder mit kleinen Happen gefüttert werden. So kommt der Bär immer wieder dort vorbei und schaut, ob es etwas Neues gibt.

Wir können uns mit diesem Gedanken nicht ganz anfreunden, denn wirklich „wild“ fühlt sich dies für uns nicht an. So entscheiden wir uns, unser Glück auf anderen Wegen zu finden.

Die unendlichen Wälder von Slowenien
Wir wollen abseits der grossen Strassen durch die Wälder von Slowenien fahren und hoffen dabei, ein paar Wildtiere zu sehen. Die Route ist im Navi eingegeben und für die Fahrzeit gibt uns das Navi 18 Stunden an. Das kann nicht sein, aber wie schon öfters, hat das Navi Probleme beim Berechnen der Zeit, sobald die befestigten Strassen verlassen werden. Nun gut, schauen wir mal, wie lange es wirklich dauert.

Sarah fährt und ich halte Ausschau nach Wildtieren. Die Strasse ist ein guter Schotterweg ohne all zu grosse Schlaglöcher. An uns ziehen Bäume um Bäume vorbei und der Wald ist ziemlich dicht. Zwischendurch kommen wir wieder an einem Haus vorbei und dann wieder lange nichts ausser Bäume. Wildtiere haben wir bis jetzt noch keins erspäht, was auch nicht verwundert bei all den Bäumen.

Plötzlich stehen wir vor einem Fahrverbot und wir müssten einen riesigen Umweg machen, wenn wir diese Strecke umfahren. Google Translate hilft uns beim Verstehen des Textes auf dem Schild: Das Fahrverbot gilt nur, wenn Schnee liegt. Nochmals Glück gehabt und unsere Fahrt geht weiter. 10 Minuten später kommt das nächste Fahrverbot. Internet haben wir hier keines mehr und wir entschliessen uns, weiter zu fahren. Uns kommen andere Autos entgegen und keiner wirkt erstaunt, uns dort zu sehen. Es ist Wochenende und wie es aussieht, gilt das Fahrverbot nur unter der Woche, wenn Waldarbeiten und Strassenreparaturen ausgeführt werden, denn unterwegs treffen wir immer wieder auf weitere Fahrverbote, welche temporär aufgestellt sind, haben aber nie Probleme dort durchzufahren.

Nach 2.5 Stunden erreichen wir unser Ziel und die ganze Zeit war nur Wald, Wald und nochmals Wald zu sehen.

Wanderung auf den Snežnik
Leider können wir nicht an unseren Schlafplatz fahren, welcher eine tolle Aussicht verspricht, denn die Strasse ist gesperrt. Wir haben Internet und übersetzen den Text auf dem Schild: Zugelassen für Waldbewirtschaftung und Hüttenpflege. Kurzerhand entscheiden wir uns, das Auto stehen zu lassen und zu Fuss weiter zu gehen. Wir wandern 40 Minuten hoch auf den Berg Snežnik, vorbei am Parkplatz, welcher wirklich schön gewesen wäre, weiter hoch zum Gipfel. Unterwegs sehen wir auf dem Weg verschiedenen Kot von Tieren und fragen uns, ob es wohl Bärenkot sein kann. Wir sind umgeben von Dickicht, denn wir befinden uns bereits über der Baumgrenze und wir würden es nicht mal bemerken, wenn ein Bär 2 Meter neben uns im Busch wäre.

Oben angekommen bietet sich uns ein wunderschönes Panorama über die Wälder von Slowenien und Kroatien. Am Horizont erkennen wir die Adria und bei tiefstehender Nachmittagssonne geniessen wir einen Strudel von der Hütte. Die Hüttenwarte verstecken sich, wie bereits auf dem Krn, im Inneren und zeigen sich nur, wenn man aktiv nach ihnen sucht.

Es wird langsam Zeit, den Rückweg anzutreten und über eine alternative Route über den „Mali Snežnik“ wandern wir 1 Stunde und 15 Minuten zurück zu unserem Auto. Dabei entdecken wir einen kleinen Parkplatz, welcher uns auch direkt als Platz für die Übernachtung dient.

Abkühlung im See von Kočevje
Am nächsten Tag geht es weiter durch die schier endlosen Wälder und siehe da, wir treffen auf ein Wildtier. Leider ist es kein Bär, aber ein junger Fuchs steht direkt neben der Strasse und präsentiert sich uns für ein tolles Foto. Anscheinend sind Füchse die einzigen Tiere, welche beim Lärm der Schotterstrasse und unserem Mitsu nicht die Flucht ergreifen.

Langsam zweifeln wir daran, ob es hier wirklich Bären gibt. Möglicherweise ist dies einfach ein guter Marketing Gag um Touristen anzulocken :D. Als wir wieder in besiedeltem Gebiet sind, sehen wir aber Hinweise darauf, dass dies nicht so ist. So sind zum ersten Mal die Abfallcontainer so gesichert, dass Bären keine Chance haben und ein Schild weist einem darauf hin, dass es hier wirklich ab und an Bären gibt.

Es ist heiss und wir brauche dringend eine Abkühlung. Sarah sucht uns einen See in Kočevje raus, den wir ansteuern können. Das ist genau die Erfrischung, die wir benötigt haben. Wir habe wieder Internet und können so unsere nächsten Schritte planen und uns einen Übernachtungsort raussuchen, um unseren beiden „ToDos“ angehen zu können: Bären finden und Baza 20 besuchen.

Auf dem Bauernhof in Rajhenav
Sarah entdeckt einen Bauernhof in der Nähe. Er ist umgeben von Wald und man kann für 5 Euro übernachten. Perfekt, denn es ist Regen angesagt und die ersten Wolken-Boten sind schon unterwegs, als wir im See am baden sind.

Der Bauernhof ist hauptsächlich eine Viehzucht und der Besitzer spricht Deutsch. So erfahren wir auch, dass man nur mit viel Glück einen Bären sieht, sofern man nicht an den geführten Touren teilnimmt. Wenn wir Wildtiere sehen wollen, können wir auf einen seiner Hochsitze gehen. Normalerweise sieht man am Abend so oft Hirsche und Füchse.

Wir versuchen unser Glück, der Regen ist vorbei und die Abendsonne überdeckt die Umgebung mit einem goldenen Schleier. Wir sind etwas zu spät, denn die Hirsche und Rehe sind bereits auf der Wiese, bevor wir den Hochsitz erreichen. Natürlich werden wir bemerkt und ein Grossteil verschwindet Stück für Stück im Wald. Trotzdem gelingen uns ein paar schöne Aufnahmen.

Alojz, der Besitzer des Hofes, rät uns, dem Bärenpfad zu folgen und meint: Wenn ihr eine kleine Wanderung machen wollt, dann kommt ihr zu einer Tanne mit einem Umfang von 5 Metern, wenn ihr etwas weiter wollt, kommt ihr zu einem Urwald, wenn ihr noch etwas weiter wollt, kommt ihr zu einer Säge, welcher früher für die Partisanen wichtig war und wenn ihr noch weiter wollt, könnt ihr hoch auf den Berg Velika Rog.

Wanderung zum Velika Rog

Wir entscheiden uns, alles zu machen und starten am Morgen früh, wenn die Temperaturen noch angenehm sind. Auf dem Hinweg verpassen wir die grosse Tanne und so ist unser erstes Highlight der Urwald. Der Eingang wird durch einen „Bogen“ aus Holz markiert und man bemerkt sofort, dass dort keine Forstwirtschaft betrieben wird, denn überall liegen umgefallene Bäume und alles fühlt sich viel natürlicher an. Es wirkt lebhafter und weniger aufgeräumt und uns gefällt dies sehr gut.

Der Wanderweg ist immer wieder durch „Bärentatzen“ markiert und meist sieht man von einer Markierung zur nächsten. Wenn man nicht aufpasst, steht man ziemlich verloren im Wald und muss das nächste Symbol wieder suchen. So müssen wir einige Male stoppen und nach dem richtigen Weg suchen, denn durch die fast unberührte Natur, ist der Weg oft nicht so gut ersichtlich. Wir befinden uns auf einem Wanderweg, welcher 60km durch die Wälder bei Kočevje und vorbei an der Baza 20 führt. Zu unserem Erstaunen treffen wir einmal mehr auf keine andere Menschenseele. Somit heisst es wieder einmal: Wir, der Wald und die Einsamkeit.

Vom alten Sägewerk findet man leider nur noch Teile der Mauer und sonst ist nichts zu sehen. So machen wir uns weiter zum Berg Veliki Rog. Unterwegs halten wir weiter Ausschau nach Bären und anderen Wildtieren. Ich höre etwas rascheln und schaue gespannt in die Richtung, aus welcher das Geräusch her kommt, vielleicht ist es ja doch endlich ein Bär? Leider nein, es ist nur eine Hirschkuh, die bei unserem Anblick das Weite sucht. Ich bin etwas traurig, Sarah hingegen möchte während unserer Wanderung nicht unbedingt einem Bären begegnen.

Sobald wir Schlamm finden, müssen wir natürlich die Spuren darin untersuchen, aber meist finden wir nur Abdrücke von Hirschen. Aber siehe da: Ein perfekter Abdruck einer Bärentatze. Mein Herz macht einen kleiner Hüpfer und wir suchen nach weiteren Spuren, finden jedoch keinen weiteren Abdruck. Direkt neben dem Abdruck vom Bären, findet sich noch ein weiterer Abdruck, welcher sehr „handgemacht“ aussieht. Wir rätseln noch ein wenig, ob der vom Bären auch nicht natürlich entstanden ist, kommen aber zum Schluss, dass der echt sein muss (schliesslich wollen wir dies ja auch glauben).

Wir kommen langsam zum letzten Anstieg vor dem Velika Rog und sind immer noch in dichtem Wald. Zum Glück haben sie auf der Spitze eine Aussichtsplattform gebaut, damit man über die Bäume sieht und wir bemerken, dass wir bereits 3 Stunden unterwegs sind und knapp 10 Kilometer zurück gelegt haben. Die Aussicht von hier oben ist schön, hauptsächlich sieht man Wälder und weitere Hügel/Berge. Nach einer kurzen Pause machen wir uns auf den Rückweg zum Hof im Wissen, dass wir nun die nächsten Schritte planen müssen. Nun folgen wir auch dem richtigen Weg und finden die grosse Weiss-Tanne, welche um die 520 Jahre alt ist.

Fazit zur Bärensuche
Wir haben nun x Stunden im Wald verbracht und Ausschau nach Wildtieren und besonders nach Bären gehalten und waren leider nicht sonderlich erfolgreich dabei. Nachdem wir mit verschiedenen Personen gesprochen haben, ist uns bewusst, dass man einfach extrem viel Glück haben muss, um einen Bären in freier Wildbahn zu sehen. Angeblich leben in dieser Region nur gerade mal 9 Braunbären und ein Guide, welcher dort lebt, hat 3 Jahre braucht, bis er seinen ersten Bären per Zufall gesehen hat. Die dichten Wälder sind auch nicht förderlich, um Wildtiere bei der Durchfahrt schnell zu erkennen. Man müsste wissen, wo sie entlang gehen und sich dort dann auf die Pirsch legen. Wenn man mit dem Auto unterwegs ist, verursacht man viel zu viel Lärm und man würde den Bären wohl nicht mal sehen, wenn er direkt neben der Strasse in einem Busch ist.

Obwohl wir keinen Bären gesehen haben, hat uns die Vorstellung, dass hinter jeder Kurve oder jedem Hügel ein Bär ist, dauernd begleitet und die Suche danach trotzdem viel Spass bereitet. Schon nur deshalb sind wir in Regionen gefahren, wo wir ansonsten wohl nicht hin wären oder uns weniger Zeit dafür genommen hätten.

Baza 20

Während des 2. Weltkrieges war die Baza 20 der Sitz der Führung der slowenischen Partisanenbewegung und beherbergte über die Jahre bis zu 150 Personen, welche für Propaganda, strategische Führung, Koordination von Versorgung usw. verantwortlich waren. Durch ein Netz von Sicherheitsvorkehrungen und Geheimhaltung wurde dieser Ort nie entdeckt und somit nicht zerstört.

Selbst wenn man dort vor Ort durch den Wald geht und die verschiedenen Hütten sieht, kann man sich schwer vorstellen, dass einst x Personen hier lebten und aus diesem Wald heraus so viel koordiniert wurde, ohne entdeckt zu werden. Selbst eine Schule wurde hier aufgebaut und ein Partisanen-Spital, welches sich nicht in einer Höhle befand.

Die meisten Bewohner wusste nicht, wo sie sich befanden und den Menschen aus den Dörfern war der Zutritt zu diesem Wald verboten. Lieferungen mit Lebensmitteln usw. wurden ausserhalb der Basis deponiert und von ausgewählten Personen ins Camp gebracht. Der Zugang zum Camp wurde anhand einer Brücke, welche man runterlassen konnte, gemacht, um Spuren im Schnee zu vermeiden.

Abgerundet wurde unser Ausflug mit einem spannenden Gespräch mit dem Aufseher der Anlage, welcher gut Deutsch sprach und Geschichte studiert hat. So bekamen wir nochmals einen anderen Einblick in die Bedeutung dieses Ortes und allgemein Informationen zur slowenischen Kultur, Vergangenheit und dem Einfluss der Geschichte in die heutige Gegenwart.

Der Grenzzaun zu Kroatien

Als wir uns langsam auf den Weg zur Grenze nach Kroatien machen, sehen wir die traurigen Massnahmen, welche gegen die Flüchtlinge der Balkanroute ergriffen wurden. Die Grenze zwischen Kroatien und Slowenien wird durch den Fluss Kolpa gebildet. Slowenien entschied sich 2015 einen Teil der Grenze mit einem Zaun zu verbauen, um gegen illegale Grenzübertritte vorzugehen. So sind grosse Strecken entlang der Kolpa mit einem Zaun abgesichert, was bei der lokalen Bevölkerung teilweise sehr umstritten ist. Es wird argumentiert, dass durch den Zaun, der Zugang zum Fluss stark beeinträchtigt ist, wenig gegen die illegale Migration hilft und dem Tourismus schade.

Beim Anblick des Zauns denkt man unweigerlich an Amerika und an den Grenzübertritt zu Mexiko.

Abschied von Slowenien

Mit dem Weg zur Grenze geht unsere Zeit in Slowenien zu Ende und wir blicken auf eine ereignisvolle Zeit zurück. Obwohl wir nur 14 Tage in Slowenien unterwegs waren, kam es uns wie einen Monat vor. Die unterschiedlichen Landschaften vom Triglav-Nationalpark zur Weinregion Goriska Brda, über die Küste bei Piran bis hin zu den schier unendlichen Wäldern im Südosten haben uns sehr gut gefallen. Wer sich intensiv mit der Geschichte in Slowenien beschäftigt, findet an jeder Ecke etwas historisch interessantes oder wer einfach in der Natur sein will und Wildtiere beobachten, wird auch hier fündig werden. Abseits der touristischen Pfade gibt es viel zu entdecken und viele Wanderwege warten darauf, begangen zu werden. Eins ist aber klar, Wälder sollte man mögen. Es wird sicherlich nicht das letzte mal gewesen sein, dass wir in diesem schönen und spannenden Land zu Besuch waren.

Übernachtungsorte: 10.07. Umgebung Berg Snežnik / 11.-13.07. Bauernhof in Rajhenav

Ein Gedanke zu „Slowenien, Südosten

  • 14. August 2021 um 10:18 Uhr
    Permalink

    yes, intressant u usfüehrleche bricht. merci für d infos u mir hei hoffentlech chli meh glück. wär zwar mit füchs o scho zfride! 🤘 cya

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